Frage an Martin Dulig von Martin H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dulig,
wie stehen Sie zum Standortegesetz? Das Gesetz ist in der letzten Legislaturperiode beschlossen worden und wurde berühmt unter dem Namen "sinnloses Behördenkarussell". Insbesondere der Wegzug der letzten großen Behörde, der SAB aus Dresden nach Leipzig, kostet den Steuerzahler nach eigenen Berechnungen der momentanen Staatregierung 650 Mio. €. Dresden verliert dadurch etwa 500 Arbeitsplätze nach Leipzig. Damit soll der Wegzug des Landesrechnungshofes von Leipzig nach Döbeln kompensiert werden. Letztlich zahlt Dresden die Zeche, weil die CDU den Kreisstadtverlust von Döblen kompenisieren will. Werden Sie dieses Gesetz kippen, wenn Sie als Regierungspartner die Möglichkeit dazu bekommen?
Danke für Ihre Antwort und viele herzliche Grüße
Martin Hierlemann
Sehr geehrter Herr Hierlemann,
zunächst vielen Dank für Ihre Frage.
Bereits im Vorfeld der Verabschiedung des Standortegesetzes haben wir als SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag darauf hingewiesen, dass es sich zum Millionengrab entwickeln wird. Die Baukosten für das Behördenkarussell wurden damals seitens der Staatsregierung bis zum Jahr 2020 auf etwa 300 Millionen Euro geschätzt. Alle weiteren angeblichen Kosteneinsparungen haben ihren Grund nicht im Standortegesetz, sondern im getrennt zum Standortegesetz beschlossenen Personalabbau. Den Kosten von 300 Millionen Euro stehen dann ab dem Jahr 2021 Einsparungen von 10 Millionen Euro jährlich gegenüber. Dies bedeutet, dass sich die Standorteverlagerung frühestens in 30 Jahren rechnen wird. Und die ersten baulichen Maßnahmen zur Umsetzung des bisherigen Konzepts sprengen bereits den geplanten Kosten- und Zeitrahmen und lassen befürchten, dass die Effizienz- und Einsparziele noch mehr ins Gegenteil verkehrt werden.
Die Kosten für diesen finanzpolitischen Irrweg wird nicht der Freistaat Sachsen, sondern letztendlich alle seine Bürgerinnen und Bürger tragen müssen. Wir haben diesem Gesetz daher nicht zugestimmt. Und wirklich bringen wird es zudem kaum etwas. Das Standortegesetz ist für uns keine Staatsmodernisierung, sondern bedeutet eher Staatsabbau. Die Verwaltung ist nicht mehr bürgernah, sondern zentralistisch. Für besonders gravierend halte ich zudem die parallel zumStandortegesetz beschlossene Schließung zahlreicher Polizeidienststellen aufgrund der Polizeistrukturreform.
CDU und FDP haben dieses Gesetz im Landtag durchgedrückt. Nun stehen wir vor der Situation, dass bereits einiges daraus umgesetzt wurde und wird. Ein komplettes Kippen des Gesetzes inklusive dem Zurückdrehen aller bereits durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen erscheint auch wegen der hierdurch möglichen zusätzlichen Kosten nicht per se sinnvoll. Aber: Wir werden die Behördenstrukturreform einer kritischen Revision unterziehen. Klar erkennbare Fehlentscheidungen, die umkehrbar sind, werden wir korrigieren! Grundlage einer Neuausrichtung mit dem Ziel effizienterer Verwaltungsstrukturen müssen eine systematische Aufgabenkritik und eine belastbare Aufwand-Nutzen-Kalkulation sein. Sorgfältige Planung hat für uns Vorrang vor Aktionismus.
Mit freundliche Grüßen
Martin Dulig