Frage an Markus Rösler von Annett S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Rösler,
Ich bin geschädigte Investorin der Eventus eG, deren Vorstand und Gründer M. Terracciano in Stuttgart rechtskräftig verurteilt wurde. Der Vorsitzende Richter sprach jedoch nicht nur Terracciano, sondern auch dem Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (vbw) die Verantwortung für die Katastrophe zu. Damit zitierte er aus dem vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen und vorliegenden Gutachten. Seiner Meinung nach fällt das Gutachten ein „vernichtendes Urteil“ über die Tätigkeit des Verbandes.
Bis heute hält das Wirtschaftsministerium dieses Gutachten unter Verschluss.
Ich frage Sie als Abgeordneter: Warum dürfen sich die Geschädigten und die
Öffentlichkeit zu dieser Angelegenheit kein eigenes Bild machen? Warum wird das
Gutachten nicht veröffentlicht?
Das Einfordern meines Rechts auf zumindest Informationen als auch auf Entschädigung bei den Verantwortlichen wird durch das Wirtschaftsministerium massiv behindert.
Ich bitte Sie darum, sich dafür einzusetzen, dass diese Politik beendet wird und ich von meinem Recht in einem demokratischen Staat Gebrauch machen darf.
Beste Grüße, Annett Spindler
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Auch wir als Grüne Fraktion haben uns - wie Sie wissen - bereits umfassend mit dem Fall auseinandergesetzt. Wir haben großes Interesse an den Inhalten des Gutachtens. Bisher hat sich das Wirtschaftsministerium darauf berufen, daß laufende Verfahren einer Herausgabe entgegenstünden.
Am 10.4.2019 befasste sich daraufhin der Wirtschaftsausschuss des Landtags in öffentlicher Sitzung mit der Insolvenz der Eventus eG. Besprochen wurde, daß das Gericht dem für die Prüfung zuständigen Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (VbW) ein verheerendes Zeugnis ausstelle und teils gravierende Prüfungsdefizite vorlägen. Diese Versäumnisse machen uns sehr besorgt. Wir unterstützen daher die Betroffenen in ihrem Ansinnen, Einsicht in das Gutachten zu bekommen.
Dem Ministerium liegen zahlreiche Anträge auf Herausgabe des Gutachtens nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz vor. Auch der Wirtschaftsausschuss - mit den Stimmen unserer Grünen Abgeordneten - drängt darauf, das Gutachten für alle Geschädigten so schnell wie möglich öffentlich und damit verwertbar zu machen. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut berichtete allerdings, daß der VbW Einspruch eingelegt habe. Erste Anträge seien zwar positiv beschieden worden, aufgrund der Einsprüche müsse aber eine abschließende Entscheidung der Gerichte abgewartet werden.
Wir halten jedoch an dem Ziel völliger Transparenz fest. Aufgrund „teils gravierender Prüfungsdefizite“ hat das Ministerium bereits eine aufsichtsrechtliche Verfügung gegenüber dem VbW erlassen und begonnen, bei der Praxis genossenschaftsrechtlicher Überprüfungen Nachbesserungen zu veranlassen.
Wir haben den Vorgang intensiv begleitet und setzen uns weiterhin für die Rechte der Geschädigten ein. Die Dringlichkeit Ihrer Anfrage verstehen und teilen wir, müssen Sie aber aufgrund der in einem Rechtsstaat möglichen Widersprüche in Gerichtsverfahren dennoch um etwas Geduld bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Rösler