Frage an Markus Rösler von Thomas M. bezüglich Innere Sicherheit
Eine Frage zur angekündigten "Erschwerniszulage" für die polizeilichen Personenschützer unseres werten Ministerpräsidenten und anderer hohen Damen und Herren und zu Ihren diesbezüglichen Kommentaren:
Diese Initiative ist durchaus löblich zu bewerten, doch sehe ich das Vorhaben aus Gerechtigkeitsgründen (z.B. Art. 3 GG) mehr als kritisch. Personenschützer häufen bekanntermaßen eine Vielzahl funktionsbedingter Überstunden an, doch gehören Personenschützer zu den wenigen Gruppen innerhalb der Polizeibehörden, die unabhängig der Budgetlage durchgehend und begründungsfrei die Auszahlung der Mehrarbeitsstunden in Anspruch nehmen können. Auf diese Weise erzielen die Beamten, je nach Gehaltsgruppe, "Zusatzverdienste" von monatlich mind. 500 €. Zwar Brutto, aber immerhin.
Dieses Privileg wird weiten Kreisen innerhalb der Polizei seit längerem bereits grundsätzlich verwehrt. Streifenbeamte verrichten mit Sicherheit ebenfalls einen anspruchsvollen Dienst. Oder würde ein Personenschützer etwa freiwillig eine Versetzung zum Innenstadtrevier Stuttgart beantragen? Diese Kollegen sind wie beschrieben bereits aktuell finanziell schlechter gestellt und nehmen die von Ihnen verkündeten Zulagenpläne in Höhe von 250 € für die Personenschützer kopfschüttelnd zu Kenntnis.
1. Wann also dürfen die "normalen" Polizisten mit der flächendeckenden Auszahlungsbereitschaft von angesammelten Übersunden rechnen? Die letzte Auszahlungsrunde liegt bereits mehrere Jahre zurück und war streng kontigentiert (durchschnittlich 10 h pro Beamter).
2. Warum erhalten die in Brennpunktrevieren dienstverrichtenden Beamten nicht ebenfalls eine "Gefahrenzulage"?
Sehr geehrter Herr Müller,
haben Sie vielen Dank für Ihre Hinweise und Ihre Fragen. Wie Sie bin ich der Meinung, daß die Polizist/innen und Personenschützer/innen im Lande gute Arbeit leisten und Ihnen unser Dank gebührt.
Was nun die Erschwerniszulage betrifft, habe ich mich aufgrund Ihrer Nachricht und Fragen sowohl mit „schichtenden“ Polizisten als auch mit Personenschützern ausgetauscht.
Bei Ihrer Annahme, Personenschützer könnten unabhängig von der Budgetlage durchgehend und begründungsfrei die Auszahlung der Mehrarbeitsstunden in Anspruch nehmen, scheint es ein Missverständnis zu geben, denn diese konnten diese Annahme von Ihnen nicht bestätigen.
Auch sie können sich - häufig in Abhängigkeit von Zahlungen anderer Bundesländer nach umfangreichen Einsätzen in eben diesen anderen Bundesländern - nur einen zudem meist kleinen Anteil Ihrer Überstunden auszahlen lassen.
Diese Auszahlungssummen werden in den Polizeipräsidien dezentral budgetiert, so daß je Polizeipräsidium eine Summe xy zur Verfügung steht, so daß dann der einzelne Polizist/Personenschützer Überstunden ausgezahlt bekommt. Das gilt ausdrücklich jedes Jahr mindestens einmal auch für Polizisten, wie mir von einem schichtenden Kollegen berichtet wurde.
Sollte es also im Polizeipräsidium Stuttgart - in dessen Verantwortungsbereich Sie ja offensichtlich wohnen / arbeiten - tatsächlich der Fall gewesen sein, daß dort ein ganzes Jahr keine Angebot für die Auszahlung von Überstunden existierte, müssten Sie beim Polizeipräsidium nachfragen, warum. In den Polizeipräsidien Ludwigsburg und Göppingen gab es nach meinem Wissensstand jedenfalls jährliche Auszahlungen an Polizisten inkl. Personenschützer, wenn auch teilweise geringe.
Da der Auszahlungsbetrag im Regelfall bei 10-12 Euro netto/h liegt, gibt es offensichtlich auch Kollegen, die dann freiwillig auf die Auszahlung verzichten.
Ihre Annahme eines monatlichen Zusatzverdienstes in Höhe von 500 Euro oder mehr scheint daher doppelt falsch zu sein: Erstens gibt es keine monatlichen, sondern wohl ein- bis höchstens dreimal jährlichen Auszahlungsangebote, zweitens handelt es sich eher um Summen in der Größenordnung von 500 Euro pro Jahr (mal mehr, mal weniger).
Zu Ihrer Frage einer „Gefahrenzulage“ in Brennpunktrevieren:
Es gibt eine „Erschwerniszulage“, die in der ErschwerniszulagenVO geregelt ist. Eine „Gefahrenzulage“ scheint es früher gegeben zu haben.
Losgelöst von den Begrifflichkeiten:
Beamtinnen und Beamte im Polizeivollzug erhalten die Zulage für Beamte mit voll-zugspolizeilichen Aufgaben nach § 48 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg (LBesGBW) in Höhe von monatlich 132,69 Euro (nach einer Dienstzeit von zwei Jahren). Daneben werden zur Abgeltung von besonderen Erschwernissen weitere Zulagen gewährt. Dies sind im Polizeivollzug regelmäßig die Zulage für lage-orientierten Dienst (§§ 4, 6 EZulVOBW) und die Zulagen für Wechselschichtdienst und Schichtdienst (§ 17 EZulVOBW). Wenn besondere Einsatzlagen vorliegen, die deutlich über die typischen Belastungen des vollzugspolizeilichen Dienstes hinausgehen, wird die Zulage für besondere Einsätze (§ 19 EZulVOBW) gewährt.
Die geplante Erschwerniszulage für die Personenschützer liegt künftig bei 250 Euro brutto, also gut 150 Euro netto. Dafür müssen sie sich Business-Kleidung in Übergröße kaufen, die im Grundsatz nur dienstlich verwendet werden kann und zudem wissen sie im Gegensatz zu „normalen“ Schichtdienstlern zumindest bei Abendterminen nicht, wie lange ihr Dienst dauert, wann sie also voraussichtlich zu Familie oder Freund/in zurückkehren - ich habe das bis nach Mitternacht selbst mehrfach miterlebt.
Zahlreiche weitere Detail-Informationen finden Sie in meiner Parlamentarischen öInitiative zum Thema, der Landtagsdrucksache 16/2804:
www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/2000/16_2804_D.pdf
Ich hoffe, Ihnen mit diesen erläuternden Ausführungen Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Rösler