Frage an Markus Rinderspacher von Hans B. bezüglich Gesundheit
Wie ich aus einer vorhergehenden Anfrage entnehmen konnte , haben Sie zum Thema Gentechnik weitgehend die Formulierung der SPD-Bayern übernommen, in der Gentechnik vorbehaltlos abgelehnt wird.
a) Wie passt das jetzt zusammen, dass die SPD das derzeitige
EU-harmonisierte Gentechnikgesetz noch zu Zeiten der rot-grünen Koalition mit beschlossen hat? Danach können gentechnisch veränderte (gv) Organismen nach einer Sicherheitsüberprüfung zur Nutzung zugelassen werden ?
b) Derzeit werden in DE 3179 ha gv Mais (Mon810) angebaut (Daten gemäss dem Register der Bundesregierung, zusammengestellt auf http://www.transgen.de/anbau/deutschland/933.doku.html ), mit ca. 20% Steigerung seit letztem Jahr und das zu 98% in Ländern mit SPD-Regierungsbeteiligung (Quelle: ebendort) . Wird jetzt die Bayern-SPD die anderen SPD-Länder davon überzeugen, dass dort kein GV Mais mehr angebaut werden darf, oder ist das Ganze nur ein Angst-Thema für den aktuellen Wahlkampf?
c) Sie führten aus: "Gentechnisch veränderte Organismen haben in Naturkreisläufen nichts verloren. Sie sind nicht mehr rückholbar. " Der üblicherweise angebaute Hochleistungs-Mais (mit oder ohne Gentechnik) ist eine Hybridpflanze die in der angebauten Form keinen Selektionsvorteil in der Natur hat, sich auch dort nicht wesentlich vermehrt und deshalb das Saatgut von spezialisierten Betrieben jedes Jahr neu gezüchtet werden muss. Wird nicht mehr nachgezüchtet, verschwindet die Pflanze. Können Sie dieses nachvollziehen oder haben Sie schon mal wilden Mais gesehen?
d) Bei dem von Ihnen genannten Umfrageergebnis zur Gentechnik in Deutschland (Annahme: Die Eurobarometer Umfrage 2005) wurden 20% Zustimmung erreicht. Die Kontrollfrage "Stimmen sie zu, dass Gene nur in gentechnisch veränderten Tomaten vorkommen und sonst nicht " haben dabei lediglich ca. 30% als eindeutig falsch erkannt! Für wie kompetent und massgeblich halten Sie dann solche Meinungen ?
mit freundlichen Grüssen
Hans Brandl
Sehr geehrter Herr Brandl,
Ihre spezifischen Fragen zur Gentechnik beantworte ich wie folgt:
a) Wir lernen dazu. Zu Zeiten des Gentechnikgesetzes der rot-grünen Bundesregierung ging es noch darum, eine mögliche Koexistenz zwischen GVO-Anbau und gentechnikfreiem Anbau zu prüfen und dafür Rahmenbedingungen festzulegen. Heute gehen wir davon aus, dass eine solche Koexistenz nicht möglich ist. Nachdem von Agrogentechnik in Bayern niemand außer einigen wenigen internationalen Saatgutkonzernen etwas hat, aber die Risiken nicht versicherbar sind (alle deutschen Versicherer verweigern eine solche Haftpflichtversicherung), wollen wir in Bayern keinen GVO-Anbau. Im übrigen wurde die Genehmigung für Genmais MON 810 nach den alten Genehmigungskriterien erteilt und nicht nach den seit 2003 geltenden Kriterien überprüft. Das ist der Grund, warum beispielsweise Ungarn den Anbau von MON 810 verboten hat.
b) Wir wollen, dass jede Region und jedes Land selbst entscheiden kann, ob sie gentechnikfrei bleiben wollen. Dies hängt sicher auch von den landwirtschaftlichen und sonstigen Strukturen ab. Für die kleinteilig strukturierte Landwirtschaft in Bayern wirkt sich GVO-Anbau deutlich negativer aus als auf den großen Flächen in den neuen Bundesländern. Wir sind aber sicher, dass andere Bundesländer folgen werden, so wie mittlerweile weit über 100 gentechnikfreie Regionen in Europa dies vorgemacht haben.
c) Gentechnisch veränderte Pflanzen halten sich bis zu 20 Jahren und länger in der Natur. Außerdem zeigt das Beispiel Kanada, dass aus gentechnisch-verändertem Raps Gensequenzen in andere Kreuzblütler (bei denen dies gar nicht gewünscht war) ausgekreuzt wurden, so dass dort auch alle Kohlsorten mittlerweile unter GVO-Belastung leiden. Ein zweites Beispiel aus Kanada: Dort ist durch Auskreuzung von Gensequenzen von GV-Pflanzen ein Superunkraut entstanden, das sich nicht einmal mit dem Totalherbizid ROUNDUP (von Monsanto) beseitigen lässt.
d) Die Umfrage interpretiere ich anders: Wenn 80 Prozent gegen Agrogentechnik sind, heißt dies noch lange nicht, dass 20 Prozent zustimmen oder dafür sind: Dafür ist etwa nur 1 Prozent; dem Rest ist es egal. Im übrigen steht die Gentechnikfreiheit auf dem Spiel, die Landwirte, Verbraucher und die Lebensmittelwirtschaft fordern. Viele Nahrungsmittelproduzenten müssen sich heute bereits in ihren Lieferverträgen zur GVO-Freiheit verpflichten. Mit weiterem GVO-Anbau würde Bayerns drittgrößtem Bereich, der Lebensmittelwirtschaft, die Grundlage entzogen. Es steht zu viel auf dem Spiel.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Rinderspacher