Frage an Markus Koob von Helmut E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Werden beim „Türkei-Deal“ nicht fundamentale Menschenrechte ausgehebelt?
Die Erklärung der EU-Mitgliedsstaaten und der Türkei vom 18.3.2016 erklärt alle Flüchtlinge, die von der Türkei nach Griechenland ohne Einreiseerlaubnis auf dem See- oder Landweg einreisen, als irreguläre Flüchtlinge oder Personen mit unbefugtem Aufenthalt. Mit dieser Definition wird das Schutzgebot der Genfer Flüchtlingskonvention aufgeweicht.
Sehen Sie eine reguläre Möglichkeit für einen Flüchtling von der Türkei nach Europa einzureisen, es sei denn er besitzt ein Visum für ein EU-Land?
Der „Deal“ impliziert, dass allen Flüchtlingen, die es bis in die Türkei geschafft haben, keine legale Möglichkeiten offenstehen, den Flüchtlingsstatus in der EU zu erlangen. Schließlich wird die Türkei ja als „sicherer Drittstaat“ angesehen.
Nach den Kriterien der UNHCR ist ein sicherer Drittstaat ein Staat, der einen effektiven Schutz gewährt, indem er (a) faire und wirksame Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft besitzt, (b) einen angemessen zügigen Zugang zu einer dauerhaften Lösung wie einer Integration oder Eingliederung gewährt, (c) die Mittel zum Lebensunterhalt gewährt, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen. Erfüllt die Türkei Ihrer Meinung nach diese Kriterien wirklich? Sollte sie also wirklich als „sicherer Drittstaat“ im Sinne der UNHCR-Kriterien angesehen werden?
Nach dem Asylrecht der Türkei sind alle tatsächlichen Flüchtlinge aus nicht-Europäischen Ländern wie z.B. Afghanistan nur „bedingte Flüchtlinge“, die gemäß den UNHCR-Kriterien (b) und (c) in der Türkei nicht dauerhaft aufgenommen werden dürfen. Für all diese Flüchtlinge gibt es definitionsgemäß keinen effektiven Schutz in der Türkei. Dennoch dürfen nach dem „Deal“ die Anträge dieser meist „unbefugt“ eingereisten Personen als „unzulässig“ angesehen und ohne weitere Prüfung in den sicheren Drittstaat Türkei zurückgeschickt werden, von wo sie dann meist in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.