Frage an Marko Tesch von Jens L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Tesch,
bitte erläutern Sie, wovon dieses "repressionsfreie Grundeinkommen" bezahlt werden soll? Wo sollen die Mittel herkommen?
Bekanntlich ist ein Kernschwerpunkt des rot-roten Senats in den letzten Jahren eine rigide Sparpolitik gewesen. Geld, das nicht da ist, kann nicht ausgegeben werden, war die strikte Regide des rot-roten Senats aus Berlin in den letzten Jahren. Es gab harte Einschnitte in der Stadt. Demnach stellt sich - bei Ihrer Forderung - die Frage, wo das Geld an anderer Stelle eingespart werden soll? Bildung, Polizei, Innere Sicherheit, Verwaltung?
Letztlich stelle ich Ihnen auch die Frage, ob Fördern und Fordern für Sie überholt ist. Soll das Grundeinkommen bedeuten, wer nicht arbeiten will, der muss auch nicht? Ist das Ihr Verständnis der Solidargemeinschaft? Wann darf dann überhaupt bei Arbeitsunwilligen das Grundeinkommen gekürzt werden? Und die Frage zielt auch solche Bezieher von Transferleistungen, die nicht arbeiten wollen!!
Zuletzt: War nicht das Land Berlin der größte Arbeitgeber der Region. Schafft nicht das Land Arbeit indem es seine Verwaltung und Bürgerdienste ausbaut? Wie wäre es mit mehr Arbeit vom Senat von Berlin? Der Gedanke der dahintersteckt: Mehr Arbeit = weniger Arbeitslose. Weniger Arbeitslose = weniger Transferleistungen. (ergo kostet Arbeit zwar über Personalkosten Geld, schafft aber an anderer Stelle einen Ausgleich). Mehr Personal = mehr Service für den Bürger. Mehr Personal in der Polizei: Sicherere Straßen und U-Bahnen. Mehr Personal in den Finanzbehörden = Mehr Landeseinnahmen. "Reichtum für alle" ist Ihr Parteimotto... Was halten Sie von meinem Lösungsansatz?
Sehr geehrter Herr Lordan,
sie werfen zwei verschiedene Konzepte in eines: meine Partei setzt sich mehrheitlich für eine repressionsfreie Grundsicherung ein. Diese unterscheidet sich im Ansatz kaum von der Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe aus der Zeit vor Hartz IV, bleibt also als Versicherungsleistung an die Lohnsumme gekoppelt. Was wegfällt ist der Verwaltungsaufwand für "Sanktionen" und das rigide Ausspionieren der Betroffenen. Und ehrlich gesagt finde ich die öffentliche Debatte um "Faulenzer" (Stichwort Florida-Rolf) auch unverschämt: Solange das Gemeinwesen es nicht schafft, allen Arbeitssuchenden eine angemessene Beschäftigung zu auskömmlicher Entlohnung zu vermittlen, Alle unter Generalverdacht zu stellen. Das spaltet und schafft die Stimmung für Hartzschnüffler und Billiglöhne.
Das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens funktioniert ganz anders und erfordert ein generelles Umdenken bei der Finanzierung der Sozialleistungen: Seit Ende der 80er Jahre ist die Lohnsumme kein geeigneter Indikator für den Aufwuchs der Arbeitsproduktivität und mithin des verteilbaren Mehrwertes. Dieses Konzept fußt daher darauf, den Gewinn aus unternehmerischer Tätigkeit stärker heranzuziehen und die Sozialsysteme von der Lohnsumme abzukoppeln. Das erfordert aber noch viele Debatten, bis dafür gesellschaftliche Mehrheiten erkennbar sind und ist daher eher eine langfristig denkbare Perspektive. Wenn Sie mehr dazu erfahren möchten, empfehle ich die Website der Grundeinkommensinitiativen: www.grundeinkommen.de
Ihr "Lösungsansatz" ist aus meiner Sicht nur sehr bedingt sinnvoll, da ich z.B. Ihre These "Mehr Polizei = Mehr Sicherheit" nicht uneingeschränkt teile. Mehr Polizei heißt v.a. erstmal mehr Bürokratie und wenn sich die vorhandenen Kräfte mehr auf der Straße zeigen würden, wäre schon viel gewonnen. Nichts desto trotz verfolgt die LINKE eine ähnliche Strategie, indem wir immer wieder um Einstellungskorridore im öffentlichen Dienst ringen und für gemeinschaftlich sinnvolle Tätigkeiten, die nicht zwingend Staatsaufgabe sind und vom öff. Dienst zu erledigen wären, einen 3. Sektor zwischen privat und staatlich (Öffentlicher Beschäftigungssektor) angeschoben und hoffentlich auch dauerhaft etablieren können.
Herzlichst
Marko Tesch