Portrait von Marja-Liisa Völlers
Marja-Liisa Völlers
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Marja-Liisa Völlers zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Klaus Dieter L. •

Hat Deutschland noch einen Aussenhandelsüberschuss, wenn nur in Deutschland produzierte Waren und Güter gezählt werden?

Sehr geehrte Frau Völlers,

Die ganze Geschichte ist das nicht. Denn wenn erhoben wird, wie viel die Bundesrepublik exportiert, geht es nicht um in Deutschland hergestellte Waren, sondern um den Umsatz, den deutsche Unternehmen mit der Produktion und dem Verkauf von Waren im Ausland machen. Denn das Ausland hat einen Anteil von knapp einem Viertel am deutschen Exportwunder. Deutsche Unternehmen verdienten 2021 338 Milliarden Euro mit Verkäufen aus dem Ausland ins Ausland. Ohne die Auslandsproduktion würde Deutschland schon seit 2018 keinen Exportüberschuss mehr erzielen.

Stimmt das?

Portrait von Marja-Liisa Völlers
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr L.,

 

vielen Dank, dass Sie sich auch in dieser Angelegenheit an mich gewandt haben. Die Frage nach der Zusammensetzung unserer Exportüberschüsse berührt zentrale wirtschaftspolitische Herausforderungen – von der Standortsicherung bis zur fairen Gestaltung globaler Wertschöpfungsketten. Lassen Sie mich dies aus sozialdemokratischer Perspektive einordnen.

 

Die offizielle Handelsbilanz, die das Statistische Bundesamt erhebt, erfasst tatsächlich ausschließlich Warenströme, die physische Grenzen überqueren. Konkret heißt das: Exporte umfassen Güter, die in Deutschland produziert und ins Ausland verkauft werden, Importe entsprechend eingeführte Waren. Die von Ihnen angesprochenen Umsätze deutscher Unternehmen im Ausland – etwa durch Tochtergesellschaften – fließen nicht in diese Bilanz ein, da es sich hier um grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten handelt, nicht um Warenverkehre. Dies erklärt, warum die offizielle Exportstatistik auch weiterhin Überschüsse ausweist: Für 2023 verzeichnete Deutschland einen Handelsbilanzüberschuss von 224 Milliarden Euro, primär getragen durch Maschinenbau, Chemieerzeugnisse und Fahrzeugtechnologien.

Ihr Hinweis auf die Auslandsproduktion deutscher Unternehmen verweist jedoch zurecht auf eine tieferliegende Dynamik: Die Globalisierung hat Produktionsnetzwerke fragmentiert. Wenn deutsche Konzerne Komponenten im Ausland fertigen und von dort aus Drittländer beliefern, schlägt sich dies nicht in der nationalen Handelsbilanz nieder, wohl aber in ihrer globalen Wettbewerbsposition. Studien deuten tatsächlich darauf hin, dass der reine Warenhandel nur einen Teil der deutschen Exportstärke abbildet: Dienstleistungsexporte, Lizenzen und Auslandsinvestitionen spielen eine wachsende Rolle.

In der SPD-Bundestagsfraktion haben wir diese Entwicklungen früh erkannt. In unserem Regierungsprogramm setzen wir uns daher konkret mit dieser Ausgangslage auseinander und skizzieren Handlungsoptionen: Mit einem „Made-in-Germany“-Bonus wollen wir gezielte Anreize für Unternehmen schaffen, ihre Produktionskapazitäten in Deutschland zu halten oder auszubauen. Konkret umgesetzt würde dies bedeuten: Jede Investition in Maschinen, Anlagen oder Digitalisierung vor Ort würde mit 10% der Anschaffungskosten steuerlich gefördert. Gleichzeitig wollen wir einen Deutschlandfonds mit 100 Mrd. Euro Startkapital etablieren, der wichtige Infrastrukturprojekte von der Wasserstoffnetz-Entwicklung bis zum Ladesäulenausbau vorantreibt. Beide Instrumente sind bewusst so angelegt, dass sie nicht nur Großkonzerne, sondern besonders den Mittelstand stärken – die tragende Säule unserer Exportwirtschaft.

 

Ihre Frage offenbart die doppelte Herausforderung moderner Wirtschaftspolitik: Einerseits gilt es, die historisch gewachsene Exportkompetenz zu bewahren, andererseits müssen wir Wertschöpfungsketten resilienter und nachhaltiger gestalten. Als Partei verfolgen wir hier keinen einfachen Kurs der Abschottung, sondern setzen auf intelligente Steuerung, gezielte Investitionen und europäische Koordination. 

 

Unser Ziel bleibt eine Wirtschaft, die Arbeitsplätze sichert, Klimaziele erreicht und globale Verantwortung übernimmt. Bei Rückfragen können Sie sich gerne direkt an mich unter marja.voellers@bundestag.de wenden.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Marja-Liisa Völlers, MdB