Frage an Marja-Liisa Völlers von Dr. Lienhard W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Völlers,
es wird viel über die Bedeutung PFLEGE geredet. In dem Zusammenhang habe ich zwei Fragen an Sie:
1. Warum gibt es in Deutschland immer noch keine PFLEGEKAMMER?
Warum hat Deutschland keine berufsrechtliche Beratung für Pflegekräfte? Wie sollen Krankenschwestern und -pfleger ihre berufs- und gesundheitspolitischen Interessen vertreten? Wie stehen Sie dazu?
2. Warum führen ZUSATZQUALIFIKATIONEN wie z. B. die zweijährige "Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie" nicht automatisch zu einer Besserbezahlung? Warum setzt man keine FINANZIELLEN Anreize, die eigene Qualifikation zu verbessern? Was ist Ihre Haltung dazu?
Die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat in dieser Hinsicht nichts erreicht. Hat sie überhaupt den Versuch unternommen?
Ich sollte diese Fragen eigentlich Jens Spahn stellen. Aber nach meinen Erfahrungen pflegt Bundesminister Jens Spahn (CDU) Fragen auf abgeordnetewatch.de mit einer grob irreführenden Floskel und Fragen an seine Ministeriumsadresse gar nicht zu beantworten.
Beste Grüße
Lienhard Wawrzyn
Sehr geehrter Herr Wawrzyn,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Pflege!
1. Pflegekammer
In Deutschland muss zwischen den Pflegekammern auf Landesebene und auf Bundesebene unterschieden werden. Auf Landesebene liegt die Entscheidung für oder gegen die Einführung einer Pflegekammer bei den jeweiligen Länderregierungen. Entsprechend gibt es in einigen Ländern bereits Pflegekammern und in anderen nicht – das hängt von der Position der jeweiligen Landesregierung ab.
Auf Bundesebene gibt es mittlerweile eine Bundespflegekammer. Das begrüßen wir in der SPD-Bundestagsfraktion und setzen uns dafür ein, dass sie in den Entscheidungsgremien der Selbstverwaltung wie zum Beispiel dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Interessen der professionellen Pflege vertreten kann.
Generell halten wir in der SPD-Bundestagsfraktion eine starke Selbstorganisation und Interessensvertretung der Pflege in politischen Prozessen, die sie betreffen, für wichtig. Kammern können dafür ein wichtiger Baustein sein und beispielsweise auch für ein selbstbestimmtes Berufsprofil in enger Kooperation mit den Berufsverbänden der Pflege viel beitragen. Als SPD-Bundestagsfraktion laden wir bei Gesetzgebungsverfahren mit Bezug zur Pflege regelmäßig Vertreter der Pflege, zum Beispiel den Deutschen Pflegerat, zu öffentlichen Anhörungen ein, da für uns zentral ist, dass die Pflege vertreten ist und politisch Gehör findet.
Ich persönlich stehe auch hinter dieser Position und bin der Meinung, dass Vertreterinnen und Vertreter aus der Pflege mitbestimmen müssen, wenn es um ihre Belange geht – so wie gerade auch die Ärzteschaft das ganz selbstverständlich tut. In einer Pflegekammer besteht die Chance, dass das Wissen über die Berufspraxis und der Grundethos des Berufes zusammen kommt. Allerdings sollten die Pflegekammern auch nicht gegen den Willen der Mitarbeitenden errichtet werden dürfen.
Es gibt in Deutschland berufsrechtliche Beratungen für Pflegekräfte, die zum einen über die Pflegekammern (wie z.B. in Rheinland-Pfalz) angeboten werden, und zum anderen über Verbände wie dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) wahrgenommen werden können.
2. Zusatzqualifikationen
In Deutschland gibt es die berufliche Freiheit und die Tarifautonomie. In Tarifen gibt es unterschiedliche Qualifikationsstufen, wodurch sich mit besseren Qualifikationen ein höheres Gehalt erzielen lassen. Für uns als SPD sind Tarife deshalb der Königsweg, um gute Bezahlung inklusive Entwicklungsmöglichkeiten zu sichern und den Pflegeberuf aufzuwerten.
Für die Politik ergibt sich auf Grund der Tarifautonomie jedoch nur ein begrenzter Handlungsspielraum. Der Versuch, einen Tarifvertrag Pflege auf die gesamte Branche zu erstrecken, ist leider gescheitert. Allerdings haben wir durch die neue Pflegereform erreicht, dass Bezahlung nach Tarif oder in Anlehnung an einen Tarif (oder nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen) zukünftig Voraussetzung für den Abschluss eines Versorgungsvertrags ist. Das setzt auch neue Anreize, durch bestehende und neue Tarifverträge bessere Gehälter zu verhandeln und in der Breite durchzusetzen. Dort liegt es dann an den Vertreterinnen und Vertretern auf Arbeitnehmerseite finanzielle Anreize für Zusatzqualifikationen zu verhandeln.
Speziell die tarifliche Bindung in der neuen Pflegereform geht auf die Forderungen der SPD zurück. Dementsprechend unterstützen wir ausdrücklich die kommenden Bestrebungen zu einer stärkeren Tarifbindung in der Pflege und der damit einhergehenden besseren Bezahlung sowie vermutlich kommenden finanziellen Anreize für Zusatzqualifikationen.
Auch diese Position vertrete ich persönlich. Es braucht zum einen in der Pflege gerechte und faire Löhne. Und es brauch auch die richtigen Anreize, dass sich die Beschäftigten weiterbilden. Denn eine hohe Qualifizierung und die stetige Weiterbildung sollte gerade in den Gesundheitsfachberufen eine hohe Priorität haben.
Weitere Informationen zur Pflege und zum Thema Gesundheit finden Sie auf der Seite der SPD-Bundestagsfraktion und unserem aktuellen Wahlprogramm: https://www.spdfraktion.de/ & https://www.spd.de/zukunftsprogramm/
Mit freundlichen Grüßen,
Marja-Liisa Völlers, MdB