Sehr geehrter Herr Voigt, haben sie Vorschläge zur Reform des ÖRR bzw sehen sie dort einen Reformbedarf ? Würden sie als Ministerprsident auch eine Kündigung des Medienstaatsvertrags i Betracht ziehen
Sehr geehrter Herr V.,
Herzlichen Dank für Ihre Frage, die gerne wie folgt beantworten möchte: Selbstverständlich sehen wir einen dringend notwendigen Reformbedarf des ÖRR, um das verfassungsrechtlich garantierte Informationsrecht des Einzelnen in Deutschland/Thüringen durch qualitativ hochwertige journalistische Beiträge abzusichern. Dafür bedarf es eines ÖRR, der auch in Zukunft diese Verfassungsaufgabe leisten kann und damit einen wichtigen Beitrag zur Demokratiebildung und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft leistet. Daher bekennen wir uns auch zum ÖRR und wollen diesen nicht abschaffen oder schwächen. Um auch weiterhin die Akzeptanz des ÖRR bei einem Großteil der Bevölkerung zu gewährleisten, muss sich allerdings auch der ÖRR an bestimmte Regeln halten, wie zum Beispiel die Absicherung seiner Staatsferne, von Transparenz bezüglich seiner Strukturen, Organisation und Entscheidungen sowie einer ausgewogenen Berichterstattung. Vor allem aber muss im Rahmen einer umfänglichen Aufgabenkritik des ÖRR sein Auftrag überprüft und nötigenfalls nachgeschärft werden. Die CDU im Thüringer Landtag hat genau zu diesem Zweck bereits im Oktober 2022 ein umfangreiches Positionspapier mit konkreten Vorstellungen dazu vorgelegt und der Thüringer Landesregierung sowie dem MDR übermittelt. Bei unseren Vorstellungen geht es vor allem um konkrete Vorschläge, wie durch eine Aufgabenkritik und die damit verbundene Schwerpunktsetzung auf Information und Bildung definiert werden kann, welche konkreten Leistungen und Aufgaben der ÖRR zu erfüllen hat. Es geht uns aber auch darum, dass dessen Akzeptanz bei den Rundfunknutzer dauerhaft erhalten bleibt, indem regelmäßig wiederkehrende Erhöhungen des Rundfunkbeitrages verhindert werden. Dabei sehen wir den ÖRR selbst in der Pflicht, wobei dieser eigene Konzepte für sparsames und wirtschaftliches Agieren entwickeln und umsetzen muss. Unsere konkreten Vorschläge dazu können Sie aus dem beiliegenden Positionspapier entnehmen.
Hinsichtlich Ihrer zweiten Frage kann ich Ihnen mitteilen, dass ich die einfachen und zum Teil irreführenden Antworten unserer populistischen Mitbewerber nicht teile, da sie in der Praxis so nicht umsetzbar sind und vor allem auch einen großen Schaden für unser Land Thüringen zur Folge hätten. Bei der Entwicklung des Medienstandortes Thüringen, hätte eine Kündigung der Rundfunkstaatsverträge katastrophale Folgen und eine erhebliche Schwächung zur Folge, ohne dass dabei der Rundfunknutzer von der Zahlung des Rundfunkbeitrages befreit wäre. Bei einer Kündigung würde lediglich die Grundlage für ARD/ZDF und Deutschlandradio entfallen, für die Nutzer in Thüringen Rundfunk zu betreiben. Das kündigende Land Thüringen müsste vielmehr mit den Anstalten eigene Verträge schließen, um den in Art. 5 GG verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit bzw. das Informationsrecht des Einzelnen zu gewährleisten, da der ÖRR zur "unerlässlichen Grundversorgung" zählt und nahezu die gesamte Bevölkerung erreichen und mit einem inhaltlich umfassenden Programm versorgen soll. Es müsste also in Thüringen eine eigene Rundfunkanstalt, die viel teurer und auch ineffizienter wäre, gegründet werden. Speziell für die Kündigung des MDR-Staatsvertrages würde dies bedeuten, dass Thüringen sämtliche MDR-Strukturen, wie das Landesfunkhaus und den KiKA in Erfurt verlieren würde, die Nutzer weiterhin Rundfunkbeitrag zahlen müssten und über Thüringen keine Berichterstattung mehr stattfinden würde. Aufgrund dieser von mir angeführten Gründe würde ich also keine Kündigung des/der Medienstaatsverträge in Erwägung ziehen, sondern vielmehr gemeinsam mit den anderen ÖRR-Mitglieds-Bundesländern auf eine Reformierung des ÖRR setzen. Dass daran auch die anderen Länder interessiert sind und erste Ergebnisse bereits vorliegen, kann ich bestätigen. Die einfach klingenden Parolen von Populisten helfen uns dabei nicht weiter. In Kenntnis der Rechtsgrundlagen, die solche propagierten Lösungen nicht zulassen, beteiligt sich die CDU vielmehr an der Suche nach soliden Lösungen und möchte den Menschen im Land professionell und sachorientiert Antworten geben.
Herzlichst
Ihr
Mario Voigt