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Marieluise Beck
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Frage von Georg W. •

Frage an Marieluise Beck von Georg W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Beck,

Ich habe Fragen zur aktuellen Finanzkrise.
Ich bekomme es in meiner unmittelbaren Umgebung, durch Diskussionen mit Freunden und
Debatten im Internet mit, das die Leute durch die aktuelle Finanzkrise immer mehr das Vertrauen in unser Geldsystem verlieren.

Nun aber zu meinen Fragen: Warum versteht die Politik, die Wirtschaft und ein Großteil der Medien nicht, dass ein Geldsystem, in dem Geld gehortet werden kann (das kann sonst mit keinem anderen Gegenstand auf dieser Welt ohne das er verrottet oder das Lagerkosten entstehen) und erst wieder gegen Zinsen und Zinseszinsen in den Umlauf gebracht werden muss, einfach nicht funktionieren kann?
Warum wird nicht gesehen, dass dieses Geldsystem mit dafür verantwortlich ist, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich stetig wächst?
Im Prozess der Geldschöpfung, Giralgeldschöpfung, um präziser zu sein, steckt schon das Grundproblem – lassen Sie mich das kurz erklären: Die Geschäftsbanken schöpfen Geld in dem Sie Kredite vergeben und auf diesen Krediten muss Geld, nämlich Zinsen, bezahlt werden. Doch dieses Geld ist ja noch gar nicht geschöpft! Das heißt ein Marktteilnehmer, sei es ein Unternehmer, der Staat oder die Bürger selber MÜSSEN sich verschulden um diese Zinsen aufzubringen. Diese Zinsen sind aber wieder rum Schuldgeld auf die Zinsen bezahlt werden müssen….
Warum wird diese Problematik nicht öffentlich diskutiert?
Sollten nicht grade die Grünen, die behaupten eine nachhaltige Politik zu betreiben, im monetären Sektor fundamentale Fragen stellen?

Sollten Sie mit der Problematik noch nicht so vertraut sein, so rate ich Ihnen sich folgendes Referat von Prof. Dr. Senf anzuschauen:

http://www.buergerinitiative-grundeinkommen.de/volkswirtschaftliche-zusammenhaenge

Vielen Dank und viele Grüsse

Georg Weisfeld

Portrait von Marieluise Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weisfeld,

vielen Dank für Ihre Frage.

Der Vertrauensschwund in die Finanzsysteme in diesen Tagen ist nachvollziehbar. Die derzeitige Situation hat gezeigt, wie anfällig die internationalen Finanzmärkte sind. Wir von Bündnis 90/Die Grünen sehen unter den vielen Ursachen vor allem mangelnde Kontrolle der Finanzmärkte als ein Hauptproblem an und fordern auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene die Einführung von Instrumenten und Verkehrsregeln, um Krisen, wie wir sie jetzt erleben, künftig zu verhindern.
Dem Vorschlag zur Beseitigung des Zinssystems an sich stehe ich - wie wohl viele meiner Kolleginnen und Kollegen - skeptisch gegenüber. Beispiele aus muslimischen Ländern, in denen Zinsen verboten sind, zeigen, dass sich dann zinsähnliche Systeme etablieren und eine Abschaffung von Zinsen kaum durchsetzbar ist.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen fordern eine ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, die Lebensqualität heute und morgen weltweit nachhaltig sichert. Dazu gehört ein Gleichgewicht zwischen Umweltschutz, sozialer Sicherheit und wirtschaftlicher Dynamik. Wir wollen eine Stärkung der Gesellschaft gegenüber einer ausschließlich am privaten Gewinn orientierten Wirtschaftsweise. Die zivile Gesellschaft soll vom Staat gefördert, gleichzeitig aber der Staat auch begrenzt werden. Wir verstehen das als eine Modernisierung der bestehenden Wirtschaftsordnung. Eine Abschaffung der Zinsen an sich halte ich hierfür nicht für notwendig und nicht für sinnvoll.
Es geht in der momentanen Situation darum, den auf den globalen Finanzmärkten herrschenden Marktliberalismus soweit mit Instrumenten und Verkehrsregeln zu steuern, dass derartige Krisen sich nicht wiederholen können. Auch stellt sich die Frage, auf welche Weise der Finanzsektor seinen Beitrag am Gemeinwohl leisten kann. Bündnis 90/Die Grünen haben deshalb unter anderem die Einführung einer Finanzumsatzsteuer auf europäischer Ebene vorgeschlagen.

Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck