Frage an Marieluise Beck von Rolf-Günter B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Beck,
gerne würde ich wissen, ob Sie der Grundgesetzänderung zur Privatisierung der Autobahnen zustimmen. Falls ja, möchte ich Sie darüber informieren, dass Sie dann leider bei der nächsten Wahl nicht mehr mit meiner Stimme rechnen können.
Liebe Grüße
Rolf-Günter Bultmann
Sehr geehrter Herr Bultmann,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Wie Sie wissen, setzen wir Grüne uns wie keine andere Partei für den Schutz unserer Umwelt ein. Wer die Klimaschutzziele erreichen will, muss dringend in der Verkehrspolitik umsteuern - auch und gerade bei der Verkehrsinfrastruktur.
Die beschlossene Änderung des Grundgesetzes zur Gründung einer Autobahngesellschaft lässt Hintertüren für die zukünftige Privatisierung der Autobahnen offen. Der von Schäuble, Dobrindt und Gabriel vorgelegte Grundgesetzentwurf wurde zwar durch die Koalitionsfraktionen an einigen Stellen verbessert, aber es bleiben dennoch Hintertüren für eine Privatisierung offen:
Erstens kann die Autobahngesellschaft mit einfacher Mehrheit in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Das Parlament hätte nichts mehr zu sagen, Rendite und Kapitalmarktorientierung stünden im Vordergrund.
Die zweite Hintertür sind Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP), die weiterhin im erheblichen Umfang möglich sind und weder im Grundgesetz noch im Begleitgesetz ausgeschlossen werden. ÖPP-Projekte im Straßenbau bedeuten einen erheblichen Verlust parlamentarischer Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeit und sind im Straßenbau zudem im Durchschnitt 20 Prozent teurer.
Diese Hintertüren könnten schon in der kommenden Legislaturperiode mit einer einfachen Mehrheit im Parlament eine umfangreiche Privatisierung öffentlicher Infrastruktur ermöglichen. Deswegen haben wir Grüne die Grundgesetzänderung für eine Autobahngesellschaft bei der Abstimmung abgelehnt und einen umfassenden Grundgesetzantrag in den Bundestag eingebracht, um diese Privatisierungshintertüren dauerhaft und rechtssicher im Grundgesetz zu schließen.
Es muss klar sein: Die neue Autobahngesellschaft muss im unveräußerlichen Eigentum des Bundes stehen. Und eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater muss ausgeschlossen bleiben.
Stattdessen schlagen wir vor, dass die Verwaltung der Autobahnen künftig durch eine Anstalt öffentlichen Rechts oder eine Gesellschaft privaten Rechts, bei der ein unbeschränkter Einfluss des Bundes auf die Aufgabenerfüllung sichergestellt ist, erfolgt.
Denn für eine effiziente, ökologische und moderne Verkehrspolitik brauchen wir die demokratische Kontrolle über unsere Infrastruktur. Die öffentlichen Straßen dürfen wir nicht Banken, Versicherungen und Baukonzernen überlassen - weder jetzt, noch in Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen,
Marieluise Beck