Frage an Marieluise Beck von Matthias S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Beck,
wie stehen Sie persönlich zur "Direkten Demokratie"? Halten Sie die deutschen BürgerInnen auch für zu inkompetent um über politische Sachfragen Entscheiden zu dürfen? Ich tue das nicht!
Halten Sie es nicht für ein Trauerspiel, dass nach dem Einzug der Grünen in den Bundestag in diesem Bereich keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen sind? Haben die Grünen an dieser Stelle nicht völlig versagt?
Sehr geehrter Herr Streich,
Demokratie lebt von der Mitwirkung und dem Engagement jedes Einzelnen.
Geringe Wahlbeteiligungen und die viel kritisierte Politikverdrossenheit zeigen, dass Politik für die Beteiligung werben muss, will sie das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an Mitwirkung und Wahlen fördern. Desinteresse, Parteienverdrossenheit, das Gefühl, doch nichts zu bewirken, aber auch die Alternativlosigkeit lähmender großer Koalitionen führen offensichtlich zu sinkender Wahlbeteiligung.
Wir müssen daher neue Wege gehen, um das Interesse und den Spaß an politischem Engagement in breiteren Bevölkerungskreisen zu wecken. Formen direkter Demokratie und Volksentscheide sind ein solcher Weg. Ihn zu gehen, mag manchmal das Wagnis beinhalten, zu unerwünschten politischen Entscheidungen zu kommen. Als Grüne bin ich mir dieses Wagnisses durchaus bewusst. Doch welche Entscheidung als ein auf sachlicher und demokratischer Grundlage gefällter und damit breit akzeptierter und direkter Entscheid der Bürgerinnen und Bürger mag mehr Bestand haben in einer wirklichen Demokratie.
Wir Grüne treten seit unserer Gründung für Volksentscheide ein. Da aber für eine Grundgesetzänderung eine 2/3 Mehrheit im Parlament nötig ist, bedarf es eines langen Atems. Mehr Demokratie wagen ist ein Weg, der sich in Bremen schon gelohnt hat: Ab 2011 gelten erweiterte Mitbestimmungsrechte auch beim Wahlrecht zur Bremischen Bürgerschaft, der Beiräte und der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven. Im rot-grünen Koalitionsvertrag sind geringere Hürden für Volksentscheide verankert: Zur Durchführung eines Volksentscheides reichen künftig Unterschriften von 5% der Wahlberechtigten, die in zwei Monaten gesammelt werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck