Portrait von Marieluise Beck
Marieluise Beck
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Marieluise Beck zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Peter S. •

Frage an Marieluise Beck von Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

1.
Warum wird nicht jede Abstimmung im Bundestag geheim durchgeführt um "Gewissenskonflikte"und den Arbeitsplatz nicht zu gefährden ?
2.
Was halten Sie von mehr Bürgerbeteiligung im Sinne von Volksabstimmungen auf Bundesebene (ähnlich Schweiz) um auch der Politikverdrossenheit entgegenzutreten.=mehr Basisdemokratie

Portrait von Marieluise Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmitz,
danke für Ihre Anfrage

1.
Es gibt gute Gründe, bei Abstimmungen verschieden zu verfahren.

Die Wählerinnen und Wähler haben ein gutes Recht zu erfahren, wie sich ihre Abgeordneten und die Parteien verhalten bzw. welche Standpunkte sie einnehmen. Daher sind die meisten Abstimmungen öffentlich. Es soll die Meinung der Abgeordneten und Fraktionen über ein gewisses Sachthema wiedergeben werden.

Es gibt aber auch solche Abstimmungen, die nicht einfach Meinungswiedergabe sind, sondern jede/n persönlich beschäftigen. Bei diesen Themen lässt sich auch oft nicht feststellen, zu welchem politischen Lager die Eine oder der Andere gehört. Gerade bei so gravierenden Entscheidungen wie z.B. zur Stammzellenforschung nimmt es auch den Druck von der einzelnen Person. Daher ist es in manchen Fällen sinnvoll, geheim abzustimmen.

2.
Demokratie lebt von der Mitwirkung und dem Engagement jedes Einzelnen.

Geringe Wahlbeteiligungen und die viel kritisierte Politikverdrossenheit zeigen, dass Politik für die Beteiligung werben muss, will sie das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an Mitwirkung und Wahlen fördern. Desinteresse, Parteienverdrossenheit, das Gefühl, doch nichts zu bewirken, aber auch die Alternativlosigkeit lähmender großer Koalitionen führen offensichtlich zu sinkender Wahlbeteiligung.

Wir müssen daher neue Wege gehen, um das Interesse und den Spaß an politischem Engagement in breiteren Bevölkerungskreisen zu wecken. Formen direkter Demokratie und Volksentscheide sind ein solcher Weg. Ihn zu gehen, mag manchmal das Wagnis beinhalten, zu unerwünschten politischen Entscheidungen zu kommen. Als Grüne bin ich mir dieses Wagnisses durchaus bewusst. Doch welche Entscheidung als ein auf sachlicher und demokratischer Grundlage gefällter und damit breit akzeptierter und direkter Entscheid der Bürgerinnen und Bürger mag mehr Bestand haben in einer wirklichen Demokratie?

Wir Grüne treten seit unserer Gründung für Volksentscheide ein. Da aber für eine Grundgesetzänderung eine 2/3 Mehrheit im Parlament nötig ist, bedarf es eines langen Atems. Mehr Demokratie wagen ist ein Weg, der sich in Bremen schon gelohnt hat: Ab 2011 gelten erweiterte Mitbestimmungsrechte auch beim Wahlrecht zur Bremischen Bürgerschaft, der Beiräte und der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven. Im rot-grünen Koalitionsvertrag sind geringere Hürden für Volksentscheide verankert: Zur Durchführung eines Volksentscheides reichen künftig Unterschriften von 5% der Wahlberechtigten, die in zwei Monaten gesammelt werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck