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Marieluise Beck
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Frage von Wolfgang W. •

Frage an Marieluise Beck von Wolfgang W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Beck,

Bei Ihren Antworten habe ich den oft gehörten Satz

"Deutschland ist ein multikulturelles Land, ein Einwanderungsland. Das ist eine Tatsache."

gelesen.

Ich möchte Sie folgendes fragen: Sehen Sie es auch so, daß dieses nicht ein unabänderliches Naturgesetz ist, sondern schlichtweg das Ergebnis einer Politik ist, die Politiker Ihrer Ausrichtung betreiben?

MIt freundlichen Grüßen

W. Weinheimer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weinheimer,

vielen Dank für Ihre Frage.

Mit dem von Ihnen zitierten Satz möchte ich darauf hinweisen, dass Einwanderung in Deutschland stattgefunden hat und heute über 18% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben. Bei den Kindern bis 5 Jahren ist es sogar ein Drittel. Die Einwanderung erfolgte in zwei großen Etappen. In der ersten Etappe kamen Gastarbeiter, die bis zum Anwerbestopp 1973 in die BRD geholt wurden. Eine zweite Einwanderungswelle fand in den 1990er Jahren statt, nachdem das wiedervereinigte Deutschland allen Menschen deutscher Abstammung sowie den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern aus der ehemaligen Sowjetunion die Einwanderung und die deutsche Staatsbürgerschaft anbot. Diese Seit einigen Jahren schrumpft die Einwohnerzahl Deutschlands trotz einer inzwischen geringen Einwanderung, die 2007 im Saldo bei 43.912 Personen lag. Die Geschichte der Einwanderung ist nicht umkehrbar. Deutschland hat sich bereits und wird sich auch in Zukunft verändern.

Ich habe diesen Satz so häufig formuliert, weil bis zur Regierungsübernahme 1998 durch die rot-grünen Bundesregierung vor dieser Tatsache schlicht die Augen verschlossen wurden und die Politik kaum Anstrengungen zur Integration der Menschen mit Migrationshintergund unternommen hatte. Jetzt geht es darum, dass sich die deutsche Gesellschaft über diese Entwicklung klar wird. Es ist gut, dass die großen Volksparteien sich inzwischen über die Notwendigkeit einer gelungenen Integrationspolitik bewusst sind. Das sich die hier lebenden Einwanderer an die Regeln des Grundgesetzes halten müssen, ist eine legitime Forderung. Es ging und geht aber vor allen Dingen um Sprachförderung für (Vor-)Schulkinder, Ausbildung, Zugang zum Arbeitsmarkt und vieles mehr. Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, sollen sich ihren Fähigkeiten entsprechend entwickeln können. Das ist auch eine Frage der sozialen Chancengleichheit und damit letztlich der Gerechtigkeit.

Neben der Familie ist auch der Staat für die Bildung und Ausbildung seiner Bevölkerung verantwortlich, weil er es sich nicht leisten kann, dass große Gruppen seiner Bevölkerung kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und damit zu Transferbeziehern werden. Bei der Integration der Menschen mit Migrationshintergrund sind wir noch lange nicht im Ziel angelangt. Aber es ist eine gute Entwicklung, dass inzwischen Integration zu den politischen Großprojekten der derzeit amtierenden Bundesregierung gehört.

Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck