Frage an Marieluise Beck von Torsten K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sanktionsdrohungen (Verweigerung des Existenzminimums) bedrohen Mitbestimmungsrechte von Bürgern über Arbeitsinhalte und Arbeitsbedingungen.
Ihre Partei stimmte für eine menschenwürdige Grundsicherung: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/38737544_kw17_de_hartzIV/
Würden Sie den Petitionsaufruf der Mitarbeiterin des Jobcenters Hamburg Inge Hannemann für die Abschaffung von Sanktionen über Ihren Parteiverteiler verbreiten?
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_10/_23/Petition_46483.mitzeichnen.html
Sehr geehrter Herr Kulick,
eins vorweg: Wir Grünen sind nicht grundsätzlich und in jedem Fall gegen Sanktionen. Wir stehen zu dem Prinzip „Solidarität ist keine Einbahnstraße“. Da, wo es möglich ist, müssen diejenigen, die Solidarität erfahren haben, im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas zurückgeben. Das finden wir richtig. Aber dafür müssen die Voraussetzungen stimmen. Zur Zeit stimmen die Voraussetzungen ausdrücklich nicht.
Der Ruf nach einer Verschärfung der Sanktionen ist auf jeden Fall falsch. Es wird schon viel zu lange einseitig auf Druck statt auf Motivation gesetzt. Zentrales Ziel der Grundsicherung ist die Existenzsicherung. An diesem Ziel muss sich jede Reform der Grundsicherung messen lassen. Sanktionen sind für die Leistungsberechtigten meist demütigend, unnötig und kontraproduktiv. Wer erfolgreich in Arbeit vermitteln will, muss mit den Menschen arbeiten und nicht gegen sie.
Aktuelle Vorschläge, die komplizierten und bürokratischen Regelungen zu vereinfachen, sind aus unserer Sicht sinnvoll. Wenn der Bewilligungszeitraum auf zwölf Monate verlängert wird, dann bleibt mehr Zeit für die individuelle Betreuung der Arbeitslosen und die Arbeitssuchenden werden von unnötigen Anträgen entlastet. Denn komplizierte bürokratische Regelungen sorgen nur für Frust, anstatt einen sinnvollen Beitrag zur Arbeitsvermittlung zu leisten und die Menschen besser vor Armut zu schützen.
Das Ziel muss es sein, Arbeitslosen Brücken in den Arbeitsmarkt zu bauen und der Verpflichtung des Staates, das Existenzminimum verlässlich abzusichern, nachzukommen. Das funktioniert aber nicht, wenn ständig mit Sanktionen gedroht wird. Doch durch die schlichte Abschaffung der Sanktionen, wie sie aus den Reihen der Linken gefordert wird, werden diese Ziele auch nicht unbedingt erreicht.
Wir Grünen fordern ein Wunsch- und Wahlrecht für Arbeitsuchende, gut ausgestattete Jobcenter mit einem besseren Fallmanagement und die Einrichtung unabhängiger Ombudsstellen, die bei Konflikten vermitteln. Arbeitslose müssen das Recht haben, eine Maßnahme abzulehnen und eigene Ideen einzubringen. Denn leider werden Arbeitslose immer noch viel zu häufig in sinnlose Maßnahmen vermittelt. Das Motto ,,Friss oder stirb" ist mit einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe nicht vereinbar.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck