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Marieluise Beck
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Marieluise Beck von Ottmar M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Frau Beck,

in der ARD-Sendung A.Will vom 08.05.13 erklärten Sie,der Iran sei „sehr gefährlich“. Warum ist der Iran „sehr gefährlich“?Weil das Land genau wie Israel,die USA,selbst Deutschland, seine regionalen Interessen durchsetzen will?Auf welcher völkerrechtlichen Grundlage soll der Iran denn akzeptieren, daß die USA die Golfregion zu ihrem Interessengebiet erklären? Weil der Westen vom dortigen Öl abhängig ist? Weil der Westen behauptet, das Land strebe nach Atomwaffen? Welche ernstzunehmenden Beweise gibt es dafür? Die Weigerung, militärische Anlagen inspizieren zu lassen? Soll das ein Beweis sein? Warum werden Israels militärische Atomanlagen nicht von der IAEO inspiziert? Weil der iranische Präsident falsch übersetzt bzw. zitiert wurde und nicht erklärte, Israel muß vom Erdboden verschwinden, sondern „das Besatzungsregime muss beendet werden“? (s. Süddeutsche.de 11.05.10) Die USA und Deutschland rüsten die Golfstaaten massiv auf, die USA und Israel erklären öffentlich, der Iran könne ihnen militärisch nichts entgegensetzen. Warum ist der Iran dann gefährlich? Welche Länder hat der Iran in den letzten Jahrzehnten im Gegensatz zu den USA oder Israel angegriffen? Der US-Präsident rechtfertigte die jüngsten israelischen Luftangriffe,für die mir eine völkerrechtliche Legitimation nicht bekannt ist, auf Syrien als Selbstverteidigung. Wäre es dann nicht die gleiche Selbstverteidigung, wenn der Iran sich ebenso verhält bzw. sich mit Atomwaffen vor einem US-Angriff schützt? Immerhin gehörte der Iran zur „Achse des Bösen“, galt als „Schurkenstaat“ und sah sich US-Bedrohungen ausgesetzt. Der Westen, selbst Deutschland behalten sich das Recht vor, militärisch einzugreifen, wenn wirtschaftliche Interessen bedroht sind. Sprechen Sie, Frau Beck, dem Iran, insbesondere wegen der westlichen Sanktionen, dieses Recht ab? Welchen militärischen oder politischen Sinn hätte ein iranischer Atomangriff überhaupt?Warum soll der Iran aber israelische Atomwaffen dulden?

O. Müller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller,

es gibt zahlreiche Äußerungen von Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad in denen er dazu aufruft, „das zionistische Gebilde Israel“ zu zerstören. Eine Studie des Bundestags belegt allein für das Jahr 2006 15 solcher Fundstellen in öffentlichen Reden oder Interviews. Für das Jahr 2007 sind sechs, für das Jahr 2008 acht, für das Jahr 2009 zwei und für das Jahr 2010 sind 11 Belege für derartige Äußerungen dokumentiert. Zwischen 2005 und 2009 finden sich außerdem 17 Fundstellen, in denen der iranische Präsident den Holocaust leugnet. In einer Rede, die vom iranischen Staatsfernsehen am 14 Dezember 2005 übertragen wurde, spricht er vom „Mythos vom Massaker an den Juden“, der „von westlichen Staaten erfunden worden sei“, um mitten in der islamischen Welt einen jüdischen Staat zu errichten.

Im aktuellen Konflikt um Syrien nimmt die vom Iran finanzierte libanesisches Hisbollah Miliz eine aktive Rolle ein, indem sie die Truppen Assads unterstützt. Der Iran ist aber auch direkt in Syrien aktiv. Im vergangenen Jahr wurden iranische Revolutionsgarden in Syrien von Rebellen festgenommen. Teheran hat inzwischen zugegeben, Revolutionsgarden zur Unterstützung Assads nach Syrien entsandt zu haben.

Warum der Iran auch unter Menschenrechtsgesichtspunkten ein höchst problematisches Land ist, belegt unter anderem Amnesty International. In ihrem Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte 2012 beschreibt die Organisation die Lage im Iran folgendermaßen: „Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit waren weiterhin stark eingeschränkt. Regierungskritiker, Frauenrechtlerinnen und Personen, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, sowie andere Menschenrechtsverteidiger durften nicht ins Ausland reisen, wurden willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt in Gewahrsam gehalten und nach unfairen Gerichtsverfahren inhaftiert. Folter und andere Misshandlungen an Gefangenen waren an der Tagesordnung und blieben straflos. Frauen sowie Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten wurden weiterhin durch die Gesetzgebung und im Alltag diskriminiert. Mindestens 360 Personen wurden hingerichtet, die tatsächliche Zahl dürfte jedoch sehr viel höher liegen. Mindestens drei der Hingerichteten waren zur Tatzeit noch minderjährig. Es wurden gerichtlich angeordnete Prügel- und Amputationsstrafen vollstreckt.“

Mit freundlichen Grüßen

Marieluise Beck