Frage an Marieluise Beck von Claus M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Beck,
ich habe mit Interesse Ihre Pressemeldung zur geplanten Aussetzung der Visumsfreiheit für den Westbalkan gelesen.
Ich gebe Ihnen völlig Recht! Vor allem frage ich mich, was die Bundesregierung zu diesem Schritt führt, wenn Sie doch andererseits den EU-Beitritt von Serbien, Mazedonien und Albanien befürwortet? Was sagt denn Außenminister Westerwelle zu diesem Widerspruch?
Mit freundlichen Grüßen, Claus Mayr
Sehr geehrter Herr Mayr,
natürlich kann ich nicht stellvertretend für die Bundesregierung und den Außenminister sprechen. Hinter dem Widerspruch steht aber zweifelsfrei ein Konflikt zwischen Außen- und Innenpolitikern.
Ich kritisiere seit langem, dass die Innenpolitiker mit ihrer restriktiven Visumspolitik außenpolitischen Schaden anrichten. Das ist auch in Osteuropa, besonders in Belarus, der Fall. Denn wir haben ein großes Interesse an einem regen Austausch gerade mit den jungen Menschen in Osteuropa. Die Reisefreiheit ist das effektivste Instrument, um Ideen von einem gemeinsamen demokratischen Europa in die Länder zu tragen. Es ist nicht klug, dieses Instrument aus der Hand zu geben, zumal wenn die Beziehungen zu Ländern wie Belarus angespannt sind und wir kaum Zugang haben, um für Demokratie und Menschenrechte zu werben.
Ich glaube auch nicht daran, dass die Visumspflicht für die europäische Nachbarn einen effektiven Schutz vor Kriminalität oder Terrorismus bietet. Konsularbeamte haben durchschnittlich nur drei Minuten pro Visumsantrag. Und der Wegfall der Visumspflicht heißt ja nicht, dass es keine Grenzkontrollen mehr gäbe.
Die Innenpolitiker argumentieren jedoch weiterhin mit Sicherheitsbedenken. Dabei handelt es sich oft um populistische Stimmungsmache, mit der auf Stimmenfang gegangen wird. Die Innenpolitiker sind sich häufig über die außenpolitischen Folgen ihres Handelns nicht im Klaren oder ignorieren diese ganz bewusst.
Ich kämpfe seit langem dafür, dass nicht länger die Innenpolitiker bei der Visumspolitik den Ton angeben. Darin bin ich mir mit den meisten Außenpolitikern auch der anderen Fraktionen im Bundestag einig. Aber solche Themen verlangen einen langen Atem, um ein Umdenken bewirken zu können.
Zunächst geht es darum, die so wichtige Visumsfreiheit für den Westbalkan nicht den populistischen Wahlkampfparolen des Innenministers und seiner Kollegen zu opfern.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck