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Marieluise Beck
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Frage von Maximilian B. •

Frage an Marieluise Beck von Maximilian B. bezüglich Verkehr

Guten Abend Frau Beck.

Ich kann dieses Jahr zum ersten Mal den Bremer Landtag wählen und habe persönlich ein paar Fragen an Sie und an die Partei "die Grünen".

1. Immer wieder hört man, dass die Partei "die Grünen" Geschwindigkeitsbegrenzungen in Bremen und umzu einbauen möchte. Stimmt dies wirklich? Wenn ja wie hoch sollen diese sein?

2. Es herrscht eine sehr, sehr große Politikverdrossenheit in Deutschland, die immer weiter steigt. Was ist Ihre Meinung, gibt es bei den Politikern nicht auch so eine Art "Bürgerverdrossenheit"? Und wie möchten Sie diesem negativen Trend entegegenwirken?

3. Man hört immer wieder aus der Partei, dass Sie die AKW´s so schnell wie möglich vom Netz nehmen müsse. Jetzt ist die Frage: Wenn die AKW´s nicht mehr am Netz sind, folglich auch keinen Strom mehr geben, woher sollen wir dann den Strom bekommen? Um wie viel wird der Strom teurer werden? Und müsste man dann wirklich Atomstrom aus Frankreich beziehen?

Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen,
Mit freundlichen Grüßen,

Maxi Braeß

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr Braeß,

vielen Dank für Ihr Interesse an grüner Politik. Geschwindigkeitsbegrenzung und der damit verbundene Lärmschutz, Politikverdrossenheit und Atomstrom sind in der Tat speziell für uns Grüne enorm wichtige Themen, zu denen wir uns klar positioniert haben. Ihre Fragen beantworte ich deshalb wie folgt:

1. Immer wieder hört man, dass die Partei "die Grünen" Geschwindigkeitsbegrenzungen in Bremen und umzu einbauen möchte. Stimmt dies wirklich? Wenn ja wie hoch sollen diese sein?

Für viele Menschen im Land Bremen ist der Lärmschutz ein zunehmend wichtiges Thema. Die Bremerinnen und Bremer haben ein Anrecht, von krank machendem Lärm verschont zu werden. Durch den Lärmschutz-Aktionsplan sind erste Maßnahmen bereits realisiert worden. Weitere müssen folgen, damit überall die Grenzwerte eingehalten werden. Dazu gehören Tempolimits, LKW-Durchfahrtsverbote und Lärmschutzmaßnahmen an den Straßen sowie beim Schienenverkehr. Zur Verkehrsberuhigung wollen wir generell Tempo-30-Zonen in Wohngebieten einrichten. Was die Autobahnen betrifft, so halten wir an unserer Entscheidung fest, in dieser Legislaturperiode in ganz Bremen ein Tempolimit von 120 eingeführt zu haben. Auch hier sind die Gründe schnell erklärt: Weniger Unfälle (gerade auf stark mit LKW befahrenen Autobahnen), weniger Lärm und als positiver Nebeneffekt weniger CO2-Emissionen.

2. Es herrscht eine sehr, sehr große Politikverdrossenheit in Deutschland, die immer weiter steigt. Was ist Ihre Meinung, gibt es bei den Politikern nicht auch so eine Art "Bürgerverdrossenheit"? Und wie möchten Sie diesem negativen Trend entgegenwirken?

Gegen Politikverdrossenheit helfen vor allem mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger, und zwar auch zwischen den Wahltagen. Das nehmen wir Grüne sehr ernst. Wir bemühen uns deshalb schon seit Jahren um die Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene. Wir wollen, dass durch die Volksinitiative auch Gesetzesvorschläge von außen das Parlament erreichen. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger direkter in politische Entscheidungen einbezogen werden. Und wir wollen, dass die Bevölkerung in Deutschland die Möglichkeit bekommt, wichtige Sachfragen rechtlich bindend selbst zu entscheiden.

Es gibt sehr gute Erfahrungen mit direkter Demokratie aus den Bundesländern. Und es gibt eine breite Basis durch alle politischen Lager, die sich für den Ausbau direkter Demokratie auf Bundesebene einsetzt. Wir Grüne haben bereits zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden in den Deutschen Bundestag eingebracht: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/006/1600680.pdf . Jedoch blockierte die CDU/CSU die Gesetzesinitiative mit ihrer Veto-Macht.

Wir sind der Meinung, dass unsere Demokratie durch die Einführung der Volksgesetzgebung auf Bundesebene lebendiger und bunter wird. Deshalb werden wir unseren Gesetzentwurf auch bald erneut in den Bundestag einbringen.

Außerdem bin ich überzeugt, dass ein enger Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern enorm wichtig ist, um Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Wir Politiker haben die Aufgabe Politik vor Ort zu erklären und uns den Fragen der Menschen zu stellen. Deshalb tausche ich mich im Rahmen von Vorträgen, Veranstaltungen und Gesprächsreihen regelmäßig mit Bremerinnen und Bremern über aktuelle politische Themen aus. Mehr dazu erfahren Sie auch auf meiner Homepage unter http://www.marieluisebeck.de/mein-wahlkreis/beck-laedt-ein.html

3. Man hört immer wieder aus der Partei, dass Sie die AKW´s so schnell wie möglich vom Netz nehmen müsse. Jetzt ist die Frage: Wenn die AKW´s nicht mehr am Netz sind, folglich auch keinen Strom mehr geben, woher sollen wir dann den Strom bekommen? Um wie viel wird der Strom teurer werden? Und müsste man dann wirklich Atomstrom aus Frankreich beziehen?

Das Horrorszenario der Energiekonzerne – wir können nicht ohne Atomstrom auskommen und müssen bald Strom importieren - ist nichts anderes als der Versuch, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Die Schrottreaktoren sollen als unverzichtbar für die Energieversorgung dargestellt werden. Die Fakten sprechen eine andere Sprache.

Strom „Made in Germany“ ist Exportschlager aller erster Güte. Mit einem Exportüberschuss von jährlich bis zu 22 Milliarden Kilowattstunden ist Deutschland einer der größten Stromexporteure Europas. Dazu kommt eine ungenutzte Kraftwerksreserve von 13.200 Megawatt – die sieben ältesten AKW plus das AKW Krümmel haben eine Maximalleistung von 8.400 Megawatt. Auch ohne Atomstrom bleiben alle Lichter an.

Strom wird europaweit gehandelt. Wie an der Börse wird Strom je nach Preis stündlich eingekauft oder verkauft. Deutschland importiert zum Beispiel Strom aus Frankreich oder Dänemark, exportiert dafür in die Schweiz, nach Polen, Österreich oder in die Niederlande. Unter dem Strich bleibt immer: Deutschland exportiert mehr Strom als importiert wird.

Die Atomkraft trägt immer weniger zur Energieversorgung bei. Der Atomstromanteil sank im Zeitraum 2000 bis 2009 von 29 auf 22 Prozent. Und auch ohne Atomstrom wird kräftig Strom exportiert: Im Jahr 2007 standen zeitweise sechs AKW still und trotzdem wurden 20 Milliarden Kilowattstunden exportiert. Aktuell würden mit oder ohne Moratorium drei der sieben ältesten AKW wegen Wartungsarbeiten keinen Strom liefern.

Deutschland verfügt über große Überschüsse im Kraftwerksbereich, die schon heute ausreichen, die Atomkraft fast vollständig zu ersetzen und immer noch Strom in andere Länder zu exportieren.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Erläuterungen einen guten Einblick in die grünen Positionen zu den von Ihnen angesprochenen Themen vermitteln.

Mit freundlichen Grüßen

Marieluise Beck