Frage an Marieluise Beck von Jürgen L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Beck,
mit Genugtuung habe ich heute im Deutschlandfunk von Ihrer Initiative gehört. Es ist geradezu verstörend mit welcher Leichtigkeit EU, Bundesregierung und OSZE auf das neuerliche brutale Vorgehen Lukaschenkas gegen seine Kontrahenten reagieren.
Ich würde mich freuen, wenn Ihre Initiative eine hohe Resonanz findet und die Bundesregierung konkrete Schritte unternimmt, um dieses brutale Regime unter Druck zu setzen. Eine solche Kampagne kann nicht ohne Reaktion der internationalen Gemeinschaft bleiben.
Dennoch scheint mir wie im Falle Nordkorea das Problem bei der "Schutzmacht" zu liegen. Wenn Russland gegenüber Lukaschenka keinen anderen Kurs fährt, wird das Regime weiterhin bestehen.
Wann wird das Thema im Auswärtigen Ausschuss beraten und wie schätzen Sie die Haltung der gegenwärtigen Bundesregierung zu diesem Thema ein? Welche Möglichkeiten gäbe es, um Russland zu einem anderen Kurs gegenüber Luschenka zu bewegen?
Es freut mich, dass Sie nicht in die Weihnachtspause gegangen sind, sondern sich in solchen dringenden Fällen an die Öffentlichkeit wenden.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Jürgen Lillteicher
Sehr geehrter Herr Dr. Lillteicher,
vielen Dank für Ihre Frage zu Belarus. In der Tat haben Bundesregierung und EU zu zögerlich auf die Vorgänge in Belarus reagiert. Ich hätte es für angemessen gehalten, wenn die Außenminister Polens und Deutschlands gemeinsam mit der Außenbeauftragten der EU in Minsk aufgeschlagen wären, um die sofortige Freilassung der Inhaftierten zu fordern. Immerhin fanden die Außenminister Deutschlands, Polens, Schwedens und Tschechiens in einem gemeinsamen Artikel in der New York Times vom 24. Dezember 2010 sehr klare Worte zu Belarus. Auch hat mich das Auswärtige Amt bei meinem Wunsch, zwischen den Feiertagen nach Minsk zu reisen, nach Kräften unterstützt. In der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses vom 19. Januar 2011 erklärte Staatsminister Hoyer aus dem Auswärtigen Amt, dass die Bundesregierung sich innerhalb der EU klar für Sanktionen gegenüber Belarus ausspricht, was ich sehr begrüße. Jetzt wäre allerdings neben Sanktionen für das Regime die Einführung von Reisefreiheit für die Bevölkerung ein wichtiges Signal, um zu zeigen, dass wir zwar den Diktator isolieren, den Menschen in Belarus aber den Weg nach Europa offenhalten wollen.
Über die Rolle Russlands in Belarus kann letztlich nur spekuliert werden. Klar ist jedoch, dass Russland im Wahlkampf die Opposition massiv unterstützte und eine Schmutzkampagne gegen Lukaschenko führte. 10 Tage vor der Wahl unterschrieb Lukaschenko etliche Verträge in Moskau. Heute interessiert sich Russland nicht mehr für das Schicksal der inhaftierten Kandidaten, die es in das Rennen mit Lukaschenko geschickt hat. Wir dürfen Russland aber nicht aus der Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte entlassen, zu denen es sich als Mitglied des Europarats und Unterzeichner von OSZE-Dokumenten verpflichtet hat.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck