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Marieluise Beck
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Frage von Bernd F. •

Frage an Marieluise Beck von Bernd F. bezüglich Bundestag

Viele Städte und Gemeinden sind aufgrund leerer Kassen nicht mehr in der Lage
die notwendigsten Aufgaben zu erfüllen. Die Folgen sind täglich spürbar:
Öffentliche Gebäude und Straßen sind baufällig. Dringende Reparaturen werden
verschoben. Büchereien, Schwimmbäder, Museen und Theater stehen in der
Diskussion oder werden geschlossen.

Den Städten und Gemeinden werden immer mehr gesetzliche Pflichten ohne
finanziellen Ausgleich auferlegt.

Welche Reformen müssen Ihrer Auffassung nach durchgeführt werden, um die Städte
und Gemeinden wieder auf eine solide finanzielle Basis zu stellen?

Portrait von Marieluise Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Freemann.

Auch ich bin der Meinung: Wir brauchen starke Städte und Gemeinden. Deshalb war und ist die Finanzsituation der Kommunen im Fokus der Grünen. Wir haben die Gewerbesteuer gegen die Angriffe der Union verteidigt und an wesentlichen Punkten steuerlich weiterentwickelt. Unser Ziel bleibt, die Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftsteuer auszubauen. Das bedeutet: Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bei gleichzeitiger Senkung der Steuersätze. Elemente wie Zinsen, Mieten und Pachten sollen in die Bemessungsgrundlage aufgenommen werden. Wir wollen aber nicht nur eine sächliche Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, sondern auch eine Ausweitung der Steuerpflichtigen: Alle wirtschaftlich Tätigen vor Ort sollen sich an der Finanzierung der kommunalen Aufgaben beteiligen. Wichtiges wirtschaftspolitisches Element dabei ist die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer.

Es waren die Maßnahmen der rot-grünen Koalition, die diese wichtigste kommunale Einnahmequelle stabilisiert haben. Durch die von uns herbeigeführte Senkung der Gewerbesteuerumlage und die steuerlichen Veränderungen bei der Gewerbesteuer sind, wie einer Publikation des Deutschen Städtetages vom 09.02.2005 zu entnehmen ist, die aggregierten Nettoeinnahmen der Städte und Gemeinden aus der Gewerbesteuer in 2004 gegenüber 2003 um 35% gestiegen. Allerdings ist parallel ein Rückgang des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer zu verzeichnen. Hier handelt es sich allerdings um eine gesamtgesellschaftliche Verabredung, die Senkung des Einkommensteuersatzes gemeinsam zu finanzieren. Die Einkommensteuer wurde in drei Stufen gesenkt, ein weiterer Rückgang durch Senkung der Steuersätze bei der Einkommensteuer ist mit uns nicht zu machen.

Insgesamt hat die Koalition die Trendumkehr geschafft. Die gemeindlichen Steuereinnahmen sind im vergangenen Jahr (also 2004) letztlich um 9,3% und die kommunalen Gesamteinnahmen um 3,2% gewachsen. Dass damit die Finanznot der Kommunen keineswegs beseitigt ist, ist klar. Dies ist ein längeres Unterfangen. Trotzdem geht es nicht weiter abwärts, sondern endlich wieder aufwärts.

Um Unterschiede zwischen Kommunen auszugleichen, existiert der kommunale Finanzausgleich mit seiner Finanzausgleichsmasse und den Schlüsselzuweisungen. Dies ist allerdings Ländersache. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Länder nicht parallel zu den Steigerungsraten oder der Weitergabe von Wohngeldentlastung plötzlich in anderen Bereichen den Kommunen Mittel kürzen.

Die Grundsteuer wollen wir in ihrem Charakter als kommunale Vermögenssteuer stärken und sozial-ökologisch weiterentwickeln. Als Gegenleistung soll die kommunale Infrastruktur gestärkt werden.

Aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland ist der Bund nicht in der Lage, den Kommunen direkt Geld für Aufgaben zu übergeben. Wir haben bereits in den vergangenen Ansätzen zur Föderalismusreform darauf gedrängt, dass die Rolle der Städte und Gemeinden im Verfahren gestärkt wird. Für uns ist klar: Der Bund darf den Kommunen keine Aufgaben übertragen, ohne für deren Finanzierung zu sorgen. Darauf haben wir bereits bei der Grundsicherung im Alter und bei der Umsetzung von Hartz IV geachtet, gleiches gilt für den Ausbau der Kinderbetreuung und den daraus abgeleiteten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für die ganz Kleinen. Hier haben wir deutlich gemacht: Die Kommunen müssen finanziell so ausgestattet sein, dass sie neuen Rechtsanspruch einlösen können.