Frage an Marieluise Beck von Reinhard J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Beck,
zentrale, aber zu wenig thematisierte Frage des Wahlkampfes ist, wie die Lasten der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise verteilt werden. Unterm Strich und auf längere Sicht drohen massive Einschnitte vor allem für einkommensschwache BürgerInnen und die öffentlichen Haushalte.
Eine Initiative von Vermögenden hat deshalb im Mai in einem öffentlichen Appell, der in den Medien viel Beachtung fand, eine zeitlich befristete Vermögensabgabe gefordert. Sie sieht vor, dass Personen mit einem Vermögen von mehr als 500.000 Euro 2009 und 2010 fünf Prozent ihres Vermögens abgeben.
Außerdem fordert die Initiative, der sich mittlerweile 37 Vermögende angeschlossen haben, nach 2010 die Vermögensteuer wieder einzuführen. Mehr dazu finden Sie unter www.appell-vermoegensabgabe.de.
Nach Berechnungen der Initiative würde eine solche Vermögensabgabe in den zwei Jahren ca. 100 Milliarden Euro einbringen.
Diese Einnahmen sollen - anders als die bisherigen Konjunkturpakete - in den ökologischen Umbau der Wirtschaft, in Personal für Bildungs-, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sowie in die Erhöhung der Transferleistungen wie Harz IV und BaFöG investiert werden.
Einer von der Initiative in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage zufolge unterstützen 57 Prozent der Deutschen die Forderung nach einer Vermögensabgabe (Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Geld-Steuern;art271,2837503 ).
Als Sympathisantdes Appells und Bürger Ihres Wahlkreises frage ich Sie: Wie stehen Sie zu diesen Forderungen? Wenn Sie eine Vermögensabgabe ablehnen, welche alternativen Lösungsvorschläge haben Sie für die sozialen und ökologischen Probleme infolge der Krise?
Mit freundlichen Grüßen,
Reinhard Jung
Sehr geehrter Herr Jung,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wir Grüne wollen die Erbschaftsteuer als eine der Vermögenssteuern ausbauen, damit reiche Erben mehr zum Gemeinwesen beitragen als bisher.
Daneben streiten wir für eine befristete Vermögensabgabe für alle Netto-Vermögen ab 1 Mio. Euro. Das betrifft etwa 800.000 Menschen in Deutschland - das reichste 1 Prozent. Historisches Vorbild ist dabei die nach dem II. Weltkrieg erhobene Vermögensabgabe. Es zeigt sich: So etwas ist verfassungsfest einzuführen im Gegensatz zu vielen kursierenden Vorschlägen zur Einführung einer Vermögenssteuer.
Weiterhin fordern wir eine Börsenumsatzsteuer und den Abbau der steuerlichen Begünstigung von Kapitalerträgen gegenüber Einkommen aus selbstständiger oder Erwerbstätigkeit.
Und natürlich kritisieren wir als Grüne die von der Bundesregierung verabschiedeten Konjunkturpakete auf das Schärfste, weil planlos eine Neuverschuldung in bisher ungekanntem Maße aufgenommen wurde, ohne an die Nachhaltigkeit des Mitteleinsatzes nachzudenken. Statt dessen wurden mit der Abwrackprämie Milliarden in die Stützung überholter Technologien gesteckt.
Wir fordern einen neuen grünen Gesellschaftsvertrag, der mit Investitionen in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Energieeinsparung, grüne Zukunftstechnologien, Bildung, Altbausanierung, Pflege und Gesundheit unsere Wirtschaft und unsere Umwelt zukunftsfähig macht. Wir können auf diese Weise in den nächsten vier Jahren 1 Mio. neuer Jobs schaffen. Das generiert unter anderem auch Steuereinnahmen und entlastet die Sozialsysteme.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck