Frage an Maria Klein-Schmeink von Gabriel Z. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Klein-Schmeink,
ich lese gerade in der Washington Post, dass fünf europäische Staaten, darunter auch Deutschland, einen Aufforderung an alle Technologiefirmen geschickt haben, sie sollten "effectively relax rules regarding the development of apps during the crisis".
Soweit ich es verstehe, wollen diese Regierungen vor allem Zugang zu den Aufenthaltsorten der Benutzer der App haben.
Meine erste Frage ist, wie Sie die Frage "zentraler" versus "dezentraler" App sehen.
Sollte es Regierungen ermöglicht werden, Zugriff auf die Aufenthaltsorte der Benutzer zu haben? (solange kein Verbrechen vorliegt)
Falls Ihre Antwort ja lautet, wäre meine weitergehende Frage, wie - Ihrer Meinung nach - sichergestellt werden kann, dass diese Moeglichkeit nicht auch von autoritären oder diktatorischen Regierungen genutzt werden kann?
Herzliche Grüße, Ihr G. Z.
Sehr geehrter Herr Zachmann,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Wir haben uns zur Entwicklung einer App zur elektronischen Kontaktnachverfolgung (Tracing-App) schon früh für den dezentralen Ansatz ausgesprochen. Für die Kontaktnachverfolgung ist es überhaupt nicht nötig, den Standort der Nutzer*innen zu kennen und es gibt keinen Grund, mehr Daten zu sammeln als nötig. Wir haben deshalb sehr deutlich gemacht, dass für uns nur der dezentrale Ansatz in Frage kommt, denn nur so kann die Privatsphäre der Nutzer*innen garantiert werden.
Für uns war von Beginn an klar, dass digitale Anwendungen in Kombination mit anderen Maßnahmen dabei helfen können, das Infektionsgeschehen besser zu kontrollieren und Tests effizienter durchzuführen. Sie sind aber kein Allheilmittel, ihr Einsatz muss deshalb in ein Maßnahmenbündel eingebettet werden. Außerdem müssen Apps im Einsatz gegen Corona, wie alle anderen digitalen Gesundheitsanwendungen auch, definitiv und transparent Anforderungen an Datensparsamkeit, Datensicherheit und Datenschutz als auch qualitativ hinsichtlich des Nutzens für die Nutzer*innen erfüllen. Nur dann wird die App die erforderliche Akzeptanz erhalten. Für ältere Menschen, die durch Covid19 besonders bedroht sind, ist die Nutzung der App möglicherweise mit Hürden verbunden. Das muss berücksichtigt werden, bspw. durch ein barrierefreies Design und Unterstützungsangebote.
Die Entwicklung der App von Telekom und SAP im Auftrag der Bundesregierung scheint unter diesen Gesichtspunkten ein vielversprechender Weg zu sein. Die Bundesregierung hat bis dahin aber kein gutes Bild abgegeben. Der gesamte Prozess der Einführung der Tracing-App war geprägt von schlechter Kommunikation und intransparenten Verfahren. Viel zu lange hat die Regierung völlig unpraktikable oder datenschutzrechtlich bedenkliche Verfahren verfolgt, wie z.B. der Auswertung von Mobilfunkdaten. Trotz massivem Widerstand von Datenschützer*innen, Netzaktivist*innen und uns hat sie bis zuletzt am zentralen Ansatz festgehalten. Dass nun ausgerechnet Apple und Google die Privatsphäre der Nutzer*innen schützen, indem sie einen zentralen Ansatz nicht unterstützen, wirft kein gutes Licht auf die Bundesregierung.
Wir können nur hoffen, dass die Einführung der App von einer transparenten und nutzerorientierten Kommunikation begleitet wird, um Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Klein-Schmeink