Frage an Maria Klein-Schmeink von Hubert Z. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Klein-Schmeink,
die AFD hat sich in der Transplantationsdebatte für gesetzliche Änderungen ausgesprochen, insbesondere was die Qualifikation des Personals, die Effizienz der Strukturen und die Transparenz des gesamten Handlungs- und Prozessablaufs etc. betrifft.
Die SZ berichtet am 18.02.2014 von einem Mitarbeiter eines Konsiliarteams, der schon im Jahr 2004 festgestellt hatte, wie häufig Ärzte Menschen fälschlicherweise für tot erklären. In rund 30 Prozent der Fälle konnte ein Zweitgutachter zur Hirntodfeststellung, die Diagnose seiner Kollegen nicht bestätigen.
Weiter wird berichtet, dass in deutschen Krankenhäusern Patienten oft fälschlicherweise für Hirntod erklärt werden. DSO-Mitarbeiter nehmen die falsche Diagnostik einfach hin und leiten die Organspende ein", sagte ein Insider der SZ. Eine frühere DSO-Mitarbeiterin bestätigt dies: "Den Mut, sich mit den Fachärzten anzulegen, haben die wenigsten", sagt sie. Laut dem Artikel wurden in mehreren der SZ vorliegenden Fällen der Hirntod bestimmt, obwohl die Patienten gerade erst mit starken Schmerzmitteln wie Sufentanil oder Propofol betäubt worden waren. Diese müssen aber zum Beispiel bei der Diagnose zwingend ausgeschlossen sein.
Die Ausbildung der Ärzte hat ein starkes Qualitätsdefizit", sagt der Transplantationschirurg Gundolf Gubernatis, der früher geschäftsführender Arzt der DSO war. Dabei sei die Verlässlichkeit doch unabdingbar: "Tot oder nicht tot - keine andere Feststellung in der Medizin verlangt doch so viel Genauigkeit", sagt er.
https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/falsche-todesdiagnosen-in-krankenhaeusern-aerzte-erklaeren-patienten-oft-faelschlich-fuer-hirntot-1.1891373
Wurden Konsequenzen im strafrechtlichen Bereich aus den Schilderungen abgeleitet?
Sind die Forderungen der AFD geeignet, dieses jegliches Vertrauen in die Transplantationsmedizin zerstörende Gebahren, zu beenden?
Wurden die Forderungen der AFD (s.o.) als Gesetz beschlossen, falls nein, warum nicht?
Sehr geehrter Herr Z.,
das Vertrauen in das Organspendesystem ist die Grundlage, damit Menschen bereit sind, nach ihrem Tod Organe zu spenden. Es muss klar sein, dass alles medizinisch alles getan wird, um die Patientin am Leben zu halten bevor eine Organentnahme erwogen wird. Bei einem Herztod ist eine Reanimation und damit unter Umständen die Rettung eines Lebens noch möglich. Einem potenziellen Organspender dürfen Organe erst dann entnommen werden, wenn der Tod endgültig festgestellt wurde. Um auszuschließen, dass von diesem Prinzip abgewichen wird, gilt das Hirntodkriterium.
Der Bundestag hat kürzlich mit den Stimmen aller im Bundestag vertretenen Parteien außer der AfD ein Gesetz zur Verbesserung der Strukturen bei der Organspende verabschiedet. Die Transplantationsbeauftragten werden nun von anderen Aufgaben freigestellt, sie erhalten mehr Kompetenzen und ihre Aufgabe wird vergütet. Die Abläufe in den Krankenhäusern werden verbessert. Zudem wird ein flächendeckender neurologischer Bereitschaftsdienst etabliert, der Kliniken auf Anfrage bei der Hirntoddiagnostik unterstützt.
Die BZgA beschreibt den Hirntod so:
"Hirntod heißt: Wichtige Teile des Gehirns arbeiten nicht mehr und seine Funktionsfähigkeit ist für immer verloren. Deshalb lautet die medizinische Bezeichnung „der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen“ oder „der irreversible Hirnfunktionsausfall.“ Alle Bezeichnungen benennen den Tod des Menschen. Der Hirntod bezeichnet einen besonderen Zustand: Der Tod eines Menschen ist nach neurologischen Kriterien eindeutig eingetreten. Das Gehirn führt seine Steuerungsfunktion nicht mehr aus. Nur mithilfe intensivmedizinischer Maßnahmen kann das Herz-Kreislauf-System künstlich aufrechterhalten werden. Auf diese Weise werden die Organe der verstorbenen Person weiter mit Sauerstoff versorgt. Ihre Funktionsfähigkeit bleibt erhalten und sie können so Patientinnen und Patienten transplantiert werden. Ohne künstliche Beatmung würde auf den Hirntod zeitnah der Herz-Kreislauf-Stillstand folgen. Der Hirntod ist ein seltenes Phänomen, das nur auf der Intensivstation eines Krankenhauses festgestellt werden kann."
Es gibt Richtlinien zur Diagnostik des Hirntods, die eingehalten werden müssen und deren Einhaltung überprüft wird. Jeder Verstoß ist einer zu viel, doch es ist wichtig, dass eine transparente Berichterstattung auch zulässt, dass Verstöße dokumentiert werden. Voraussetzung für eine Feststellung des Hirntods ist, dass zwei Fachärzt*innen unabhängig voneinander den Hirntod diagnostizieren müssen. Die eigentliche Organentnahme muss dann zwingend durch andere Ärzt*innen erfolgen.
Wir setzen uns für ein transparentes Organspende-System ein, in dem die Selbstbestimmung geachtet wird und in dem Manipulationen keinen Platz haben. Klar ist, dass wir bei der Organspende Verbesserungen brauchen - zu viele Menschen warten händeringend auf ein Organ. Und wenn wir wissen, dass laut Umfragen 84 Prozent der Menschen der Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen, dann müssen wir eine Lösung finden, wie wir sie direkt darauf ansprechen und die Zahl der Spender*innen erhöhen können - und gleichzeitig das Selbstbestimmungsrecht wahren.
Wir wollen die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten. Statt Stillschweigen als eine Freigabe der eigenen Organe zu bewerten, wie es der Vorschlag der Widerspruchsregelung vorsieht, ist es aus unserer Sicht zielführender, eine stets widerrufbare Entscheidung klar zu registrieren, eine verbindliche Abfrage durchzuführen und eine stetige Information und ärztliche Beratung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern.
Eine Regelung, der man erst aktiv widersprechen muss, halten wir auch für kontraproduktiv mit Blick auf die tatsächliche große Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger. Es heißt ja nicht umsonst "Spende". Es geht um eine bewusste, freiwillige und willentliche Entscheidung und nicht um einen impliziten Zwang.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Klein-Schmeink