Frage an Maria Klein-Schmeink von Harald V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Stimmen Sie für das vermeintliche Rettungspaket für Griechenland?
Wenn das so ist, wenden Sie sich gegen die übergroße Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands und wir werden Ihnen und den dann von ihnen hintergangenen Wählern das immer wieder auf jeder Veranstaltung in Münster und Umgebung in Erinnerung rufen.
Sehr geehrter Herr Voß,
bei der Abstimmung über den Antrag des Bundesfinanzministeriums über eine Stabilitätshilfe für Griechenland am 17. Juli d.J. habe ich mich enthalten.
Was Griechenland wirklich braucht, ist ein faires Hilfsprogramm und eine tragfähige Umschuldung. Dafür sind ein Hilfsprogramm und auch Überbrückungsgelder nötig. Und wie diese konkrete Hilfe aussehen könnte, dazu hat meine Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen hat einen Antrag in derselben Sitzung vorgelegt. Hierin sprechen wir uns geschlossen für ein drittes Programm und entschieden gegen einen Grexit aus. Für die anstehenden Verhandlungen haben wir klare Leitlinien vorgelegt, die Griechenlands Zukunft im Euro sichern sollen. Der Reformprozess und die wirtschaftliche Erholung in Griechenland kann nur dann gelingen, wenn das Land die Sicherheit hat, im Euro zu bleiben und die erforderliche Zeit erhält, um verlässliche Rahmenbedingungen, effektive Strukturreformen und notwendige Investitionen zu tätigen.
Der Reformprozess und die wirtschaftliche Erholung in Griechenland müssen so weit unterstützt werden, dass Griechenland seine Schulden auf Basis einer wachsenden Wirtschaft zurückzahlen kann. Die Verpflichtung zu Primärüberschüssen darf nicht durch quasi-automatische Ausgabenkürzungen erwirkt werden, sondern muss stattdessen vom Erreichen des dafür erforderlichen Wachstums der griechischen Wirtschaft abhängig gemacht werden. Sonst droht die Fortsetzung der Abwärtsspirale aus Kürzungen, Schrumpfung der Wirtschaft, verfehlten Einnahmezielen und weiteren Kürzungen.
Der Schäuble-Plan wird Griechenland nicht aus der Krise helfen, sondern sie eher verfestigen. Mit einem ‚Nein‘ in der Abstimmung hätte ich ein Zeichen gesetzt, Griechenland die Solidarität zu verweigern. Das wollte ich nicht. Die Bundesregierung muss sich von einer von rein innenpolitischen Interessen getriebenen europäischen Krisenpolitik abwenden und zu dem klaren pro-europäischen Parteienkonsens in Deutschland zurückkehren, die ihrer europapolitischen Verantwortung als Vertreterin des größten EU-Mitgliedstaates gerecht wird. Sie muss pro-europäisch gemeinsame Lösungen vorantreiben, statt sie zu blockieren.
Europa ist mehr als ein bloßes Zweckbündnis und ein gemeinsamer Wirtschafts- und Währungsraum. Europa ist eine Wertegemeinschaft. Und die Vertiefung der EU und ihrer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion ist vor allem auch ein Demokratie- und Integrationsprojekt. Die Krise muss endlich auch durch eine Strategie der demokratischen Integration angegangen werden. Und dafür muss die EU eine echte Wirtschafts- und Währungsunion aller 28 Mitgliedstaaten werden mit mehr europäischen Kompetenzen und mehr europäischer Demokratie.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position nachvollziehbar erläutern.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Klein-Schmeink