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Marcus Weinberg
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Frage von Antje H. •

Frage an Marcus Weinberg von Antje H. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Hallo Herr Weinberg,

Warum haben Sie gegen die Aufnahme der unbegleiteten minderjährigen Kinder aus griechischen Lagern gestimmt?
Die Zustände in Moria sind menschenunwürdig, nicht erst seit den Großbränden im Lager. Zahlreiche Hilfsorganisationen haben darauf hingewiesen. Was unternehmen Sie, um eine unmittelbare Evakuierung des Lagers politisch zu erzwingen und den Geflüchteten menschenwürdige Behandlung zu ermöglichen? Welche kurz- und langfristigen Maßnahmen treiben Sie voran um Zustände wie in Moria zu beenden und langfristig Zuwanderungsmöglichkeiten zu schaffen?

Mit freundlichem Gruß

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrte Frau Hentrich,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

seit geraumer Zeit verfolgen wir die Migrationssituation an der griechisch-türkischen Grenze und hierbei insbesondere die Unterbringung von Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln mit großer Sorge. Die Bilder, die uns täglich aus Lesbos erreichen sind nur schwer erträglich, denn die Lebensbedingungen werden dem humanitären Anspruch, den wir in der Europäischen Union an uns zurecht stellen, nicht gerecht.Die Unionsfraktion und auch Bundesinnenminister Horst Seehofer vertreten dabei eine klare Linie: Wir müssen Humanität und Ordnung zusammen bringen.

Geordnete Verfahren sowie ein geregelter Zugang zu unseren Asylsystemen sind die Voraussetzung, dass Europa auch in Zukunft in der Lage ist, humanitäre Aufnahmen in einem Umfang zu leisten, welche die Mitgliedstaaten bewältigen können und nicht überfordern. Gleichzeitig müssen die Anstrengungen verstärkt werden, diejenigen in ihre Herkunftsländer zurückzuführen, die keinen Anspruch auf Schutz in Europa haben.

Die Bundesregierung ist insbesondere vor diesem Hintergrund bereits seit Jahren intensiv bemüht, unsere griechischen Partner zu unterstützen, damit die Unterbringung von Schutzsuchenden menschenwürdigen Bedingungen entspricht und die Asylverfahren schnell und angemessen durchgeführt werden. Dazu gehören neben personeller, technischer und finanzieller Unterstützung der Verwaltungsstrukturen, insbesondere im Asylbereich, auch die Lieferung diverser angeforderter Sachleistungen.

Bereits im Dezember 2019 waren deutsche Hilfsgüter im Wert von 1,56 Mio. Euro nach Athen geliefert worden und Deutschland leistete schon im März 2020 im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens Soforthilfe mit Hilfsgütern im Wert von weiteren 2,4 Mio. Euro (u. a. Winterzelte und Feldbetten). In Reaktion auf die Bitte Griechenlands um Hilfsgüter unmittelbar nach dem Brand auf Lesbos hat Deutschland unverzüglich Schritte in die Wege geleitet, um den Bedarf mit abzudecken. Das THW hat in der Nacht vom 10. September auf den 11. September 2020 Material zusammengeführt und dieses mit einem ersten Konvoi nach Griechenland transportiert. Dabei handelt es sich um ca. 1.400 Feldbetten, 78 Zelte, 400 Schlafsäcke und Iso-Matten, die am Morgen des 15. September 2020 in Athen eingetroffen sind. Am 14. September 2020 ist ein zweiter THW-Konvoi mit 6.000 Schlafsäcken, 2.000 Decken, 2.160 lso-Matten Richtung Griechenland aufgebrochen. Ein dritter THW-Konvoi ist seit dem Morgen des 16. September 2020 mit 450 Familienzelten, 2 Sanitärcontainern und 5.500 Schlafsäcken auf dem Weg. Ein vierter THW-Konvoi wird in wenigen Tagen mit weiteren 500 Decken, 3.500 Schlafsäcken, 1.000 Faltkanistern, 1.000 Gewebeplanen und 2 Sanitärcontainern nach Griechenland aufbrechen. Zudem ist der Transport von 10.000 Koch-Sets und 48 Waschtischen vorgesehen. Zusätzlich werden 20 Sanitärcontainer vom THW über eine Spedition nach Griechenland verbracht, die dort voraussichtlich ab dem 26. September 2020 eintreffen werden. Zudem stellt das THW 295 große Müllbehälter zur Verfügung, die in Kürze in Athen eintreffen werden.

Auch die Aufnahme von Schutzsuchenden nach Deutschland ist ständiger und wesentlicher Bestandteil der Unterstützung unserer griechischen Partner. So hat Herr Bundesminister Horst Seehofer in Umsetzung des Beschlusses des Koalitionsausschusses vom 8. März 2020 entschieden, im Rahmen einer Europäischen Initiative 53 unbegleitete Minderjährige und 243 behandlungsbedürftige Kinder nebst ihrer Kernfamilie nach Deutschland zu holen. Zwischenzeitlich sind davon 125 Kinder und 396 Familienangehörige sowie die unbegleiteten Minderjährigen eingereist.

Nach den schweren Bränden in der Unterkunft für Asylsuchende auf der Insel Lesbos, hat die Bundesregierung am 15. September beschlossen, einen Beitrag zur Linderung der humanitären Notlage zu leisten und der griechischen Regierung anzubieten, 408 Familien mit insgesamt 1.553 Personen in die Bundesrepublik Deutschland zu überstellen. Dabei handelt es sich sämtlich um Personen, die in Griechenland bereits als schutzbedürftig anerkannt waren und trotzdem noch in der Aufnahmeeinrichtung in Moria leben mussten. Des Weiteren hat Herr Bundesminister Horst Seehofer bereits die unmittelbare Aufnahme von bis zu 150 der rund 400 unbegleiteten Minderjährigen von der Insel Lesbos zugesagt. Der Großteil der unbegleiteten Minderjährigen würden von Frankreich und Deutschland aufgenommen.

Die Bundesregierung hat angesichts der drängenden humanitären Lage auf den griechischen Inseln entschieden, das Angebot zur Aufnahme von 408 Familien mit insgesamt 1.553 Personen zu unterbreiten, bevor eine gesamteuropäische Lösung für weitere Asylsuchende gefunden wird. Sollte sich in den kommenden Tagen und Wochen eine solche Antwort unserer europäischen Partnerinnen und Partner abzeichnen, wird sich Deutschland auch hieran in einem seiner Größe und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angemessenen Rahmen beteiligen.

Die Europäische Kommission hat angekündigt, den von ihr schon lange erwarteten Migrationspakt noch in diesem Jahr vorzulegen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird sich während der laufenden EU-Präsidentschaft aber auch danach mit allem Nachdruck dafür einsetzen, dass sich die Mitgliedstaaten der EU auf eine Reform des Europäischen Asylsystems einigen, die den enormen Anforderungen gerecht wird und auch verhindert, dass die EU-Staaten an der Außengrenze überfordert werden

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg