Warum werden arme Bürger härter und öfter verurteilt als reiche Bürger, bevorteilt die Justiz damit unbeabsichtigt das Establishment, verstößt dies nicht gegen den Gleichheitsgrundatz Art 3 GG?
„Faktisch wirkt die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass eine möglichst hohe Strafe dabei rauskommt aber nur mit Selbstverteidigung, Pflichtverteidiger oder Anwalt auf Schein vom Gericht gibt es laut den Quellen keine gleichwertige Verteidigung.
Diese Ungleichheit wirft Fragen auf, warum bekommt nicht einfach jeder Angeklagte einen Pflichtverteidiger um zuverlässiger dem Art3 zu entsprechen?
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/rezension-vor-dem-gesetz-sind-nicht-alle-gleich-justiz-klasse-armut-elend-sozialer-status
https://rp-online.de/politik/analyse-und-meinung/warum-arme-und-reiche-menschen-vor-dem-gesetz-nicht-gleich-sind_aid-91848017
Sehr geehrter Herr T.
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Klar ist: Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistet das allgemeine Gleichheitsgebot und verpflichtet den Staat dazu, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Es gilt für alle staatlichen Institutionen und Akteure, mithin für die Gesetzgebung, die Verwaltung und die Rechtsprechung.
In der deutschen Strafjustiz gibt es mehrere Instrumente, die explizit wirtschaftlich schwächer gestellten Personen dabei helfen, finanzielle Hindernisse für den Zugang zu rechtlicher Verteidigung abzubauen und damit eine faire und damit dem Gleichheitsgebot gerecht werdende Strafverfolgung zu ermöglichen.
Unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. schwere Straftaten oder besondere Verteidigungsbedürftigkeit) wird ein Pflichtverteidiger gestellt, den der Staat bezahlt. Dies führt dazu, dass wirtschaftlich schwache Beschuldigte eine angemessene Verteidigung erhalten, auch wenn sie sich keinen Anwalt leisten können.
Auch aus meiner Sicht gibt es im Strafprozessrecht jedoch Reformbedarf. Dies betrifft insbesondere die Stärkung der Beschuldigtenrechte. Als Bundesministerium der Justiz haben wir eine entsprechende Gesetzesinitiative vor wenigen Tagen auf den Weg gebracht. Diese sieht unter anderem vor, das Antragserfordernis bei der Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren abzuschaffen. Konkret heißt das: Personen, gegen die sich ein Ermittlungsverfahren richtet, sollen künftig bei schweren Tatvorwürfen spätestens mit Beginn der ersten polizeilichen Vernehmung rechtlichen Beistand erhalten – auch wenn sie keinen entsprechenden Antrag gestellt haben. Bisher erhalten Beschuldigte zu diesem frühen Zeitpunkt eine Pflichtverteidigung in der Regel nur auf Antrag. Viele Beschuldigte machen von diesem Antragsrecht aber keinen Gebrauch, obwohl bereits in diesem Stadium wichtige Weichen für das weitere Verfahren und damit auch für das Leben der Betroffenen gestellt werden. Mit dieser Änderung stärken wir rechtsstaatliche Grundprinzipien und die Fairness des Strafverfahrens.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB