Der Umgang mit Russlanddeutschen hat sich seit Kriegsbeginn in unserer Gesellschaft massiv verändert. Wie ist Ihr Standpunkt als Obmann der Grünen im Ausschusses für Inneres und Heimat?
Sehr geehrter Herr Emmerich,
seit Kriegsbeginn reicht in unserer Gesellschaft ein leichter russischer Akzent bzw. ein russisch klingender Name aus, um schikaniert und mit unverschämten Aufforderungen zu einer Stellungnahme gedrängt zu werden. Erschreckenderweise zeigt das Ganze parallelen zu den Erfahrungen unserer Vorfahren. Zu Beginn der beiden Weltkriege mussten sich unsere Vorfahren als Russlanddeutsche bei jeder Gelegenheit von den damaligen deutschen Regierungen distanzieren, der Rest ist mahnende Geschichte.
Russlanddeutsche-Mitarbeitende werden von Ihrem Arbeitgeber grundlos versetzt (z.B bei Heckler&Koch), das ist m.E ein alarmierendes Zeichen!
Wir müssen davon ausgehen, dass die deutsch-russischen Beziehungen für die nächsten Jahre maximal belastet bleiben. Auf welche weiteren Repressionen müssen wir uns Russlanddeutsche in unserem eigenen Heimatland zukünftig einstellen?
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich werbe hier für eine Differenzierung zwischen dem russischen Regime, dem russischen Volk und den russischstämmigen Menschen, die hier in Deutschland leben.
Während Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf verurteilt gehört und wir als Grüne uns klar an die Seite der Ukraine stellen, sehe ich auch das Leid weiter Teile der russischen Bevölkerung, die unter der Repression von Putins Regime leiden.
Eine Diskriminierung von Russlanddeutschen, Menschen mit russisch klingenden Namen oder einem russischen Akzent kann, darf und wird von uns nicht akzeptiert oder auch nur toleriert werden. Wir werden nicht zulassen, dass Deutsche mit russischen Wurzeln zu Sündenböcken für Putins Krieg erklärt werden. Hier sind Politik, Strafverfolgungsbehörden und die Zivilgesellschaft gefordert, aufmerksam zu sein.
Bei Fällen von Diskriminierung möchte ich darüber hinaus die Kontaktaufnahme zur Antidiskriminierungsstelle des Landes Baden-Württembergs (oder des entsprechenden Bundeslandes) empfehlen.
Sollten Sie weitere Fragen oder Anliegen haben, stehen mein Büro und auch ich persönlich gerne zu Ihrer Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marcel Emmerich