Frage an Marc Lürbke von Karl-Heinz G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Guten Tag, sehr geehrter Herr Lürbke,
als Tierfreund und -schützer wurde ich in letzter Zeit mit erschreckenden Bildern über Tierversuche in NRW aufmerksam - vielleicht haben auch Sie einiges in dieser Richtung gesehen. Falls noch nicht, entnehmen Sie dem eingefügten Link http://www.tierversuchsgegner.de/downloads/Anzeige-TIERVERSUCHSGEGNER_2.pdf bitte nur ein wenig der Zustände, aber bitte Vorsicht: Es handelt sich um teilweise sehr verstörende Bilder, welche nicht jeder leicht verkraften kann. Was mich selbst anbelangt verursachen diese Bilder immer wieder schlaflose Nächte.
An dieser Stelle möchte ich Sie deshalb nicht nur in Ihrer Eigenschaft als Politiker sondern vor allem auch als Menschen um Ihre Meinung in dieser Angelegenheit bitten. Vielen Dank im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-H. W. Greve
Sehr geehrter Herr Greve,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die Sie auch an meinen Kollegen Höne gesendet hatten.
Tierschutz hat für die Freien Demokraten seit Jahren eine zentrale Bedeutung und einen hohen politischen Stellenwert. So wurde auf Initiative der FDP der Tierschutz als Staatsziel sowohl im Grundgesetz als auch in der Verfassung des Landes NRW verankert.
Wir Liberale orientieren uns dabei an den fünf Freiheiten: Freisein von Hunger und Durst; Freisein von Unbehagen; Freisein von Schmerz, Verletzung, Krankheit; Freisein zum Ausleben tiergerechter Verhaltensweisen; Freisein von Angst und Leiden. Denn auch die Belastbarkeit einzelner fühlender Wesen stellt für verantwortungsvolle Liberale eine Grenze der persönlichen Freiheit dar.
Die Beurteilung, ob die von Ihnen geschilderten Tierversuche nach Recht und Gesetz erfolgen, ist Aufgabe der Genehmigungsbehörden bzw. der Staatsanwaltschaften und Gerichte. Da mir der vollständige Sachverhalt nicht bekannt ist, haben Sie bitte Verständnis, dass ich zu den konkreten Vorgängen keine seriöse Bewertung abgeben könnte. Unabhängig davon ist die Überprüfung des bestehenden rechtlichen Rahmens mit Blick auf neue gesellschaftliche Anforderungen eine Daueraufgabe der Politik. Hierzu zähle ich insbesondere die Verringerung der Anzahl von Tierversuchen.
Die FDP will dieses Ziel durch den verstärkten Einsatz von Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen erreichen. Hierzu zählen nicht nur Ersatzverfahren (Replacement), sondern auch gemäß der 3R-Prinzipien die Reduzierung der Anzahl der Versuche insgesamt und pro Tier (Reduction) und die Verbesserung der Bedingungen, unter denen die Tiere gehalten werden, sowie deren Pflege (Refinement).
Alle drei Prinzipien sind gleichrangig zu verwirklichen. Allerdings ist es notwendig, dass diese Verfahren international anerkannt sind. Sonst ist dem Tierschutz nicht wirklich gedient, da Tierversuche dann oftmals in anderen Ländern nachgeholt werden müssen, beispielsweise bei der Arzneimittelzulassung.
Insbesondere die Forscher müssen über die Fördermöglichkeiten von Alternativmethoden informiert werden, um die Zahl an überflüssigen Tierversuchen möglichst weitgehend zu verringern. Deutschland nimmt bei der Erforschung von Alternativmethoden zum Tierversuch eine führende Rolle ein. Die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) beim Bundesinstitut für Risikobewertung leistet dabei hervorragende Arbeit. Diese positive Arbeit der ZEBET muss weiter genutzt werden.
Trotz alledem bin ich mir bewusst, dass es noch viele Bereiche gibt, in denen die medizinische Forschung auf absehbare Zeit ohne Tierversuche leider nicht auskommen kann. Denn vor der Durchführung klinischer Studien am Menschen gibt es in vielen Fällen immer noch keine Alternative zu Tierversuchen im Rahmen der experimentellen Pharmakologie. Die Zahl der Tierversuche dabei so gering wie irgendwie möglich zu halten, ist dabei im Interesse des Tierschutzes geboten.
Mit freundlichen Grüßen
Marc Lürbke