Frage an Marc Lürbke von Maja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lürbke,
als ev. Religionslehrerin in der Grundschule liegt mir christl. Erziehung am Herzen. In meiner Region gibt es fast ausschließlich kath. Bekenntnisschulen. Viele Jahre arbeitete ich gerne an diesen, bin ich doch der Ökumene sehr verbunden und aktiv in der Jugendarbeit der kath. Gemeinde. Einige Jahre durfte ich unsere kath. Schule kommissarisch leiten. Meine Bewerbung auf eine feste Leiterstelle im neuen kath. Grundschulverbund lehnte die Bezirsregierung auf Grund meiner Konfession jedoch ab. Überall liest man, Schulleiter seien sehr gesucht. Trotz guter Examen, zwei abgeschlossener Hochschulabschlüsse und Leitungserfahrung verwehrt man mir nur auf Grund meiner Konfession eine Bewerbung. Alternativen zur kath. GS bietet unsere Region kaum, es gibt im erreichbaren Großraum lediglich eine Gemeinschaftsgrundschule.
Das GG sagt, jeder Bürger habe bei gleicher Eignung auch gleiche Rechte ein öffentliches Amt zu bekleiden. Zudem ist Diskriminierung auf Grund der Religion nicht erlaubt.
Auch europäisches Recht verbietet Benachteiligung aus religiösen Gründen. Ihre Partei sprach sich stets für eine Trennung von Kirche und Staat aus, was ich sehr vernünftig finde. Vermehrt hört man aus kath. Regionen, dass andergläubige junge Lehrkräfte als "billige" Aushilfskräfte mit Zeitvertrag an kath. Grundschulen eingesetzt werden, ihnen jedoch eine Festanstellung mit Beamtenverhältnis verwehrt bleibt. Nichtkatholische Lehrkräfte werden also benachteiligt und ausgenutzt. Ich schreibe gerade Sie zu diesem Thema an, da Sie aus Paderborn kommen. Dort gibt es z.Z. heftige Ausandersetzungen zu diesem Thema, da es dort eine hohe Dichte an kath. Bekenntnisschulen gibt. http://www.kurzebeinekurzewege.de/
Sehen Sie Möglichkeiten diese Diskriminierungen in NRW abzustellen?
Halten Sie die Regelungen vereinbar mit unserem GG sowie dem europ. Recht?
Hält Ihre Partei weiterhin an einer Trennung von Kirche und Staat fest?
Mit freundlichen Grüßen
Maja Rudolph
Sehr geehrte Frau Rudolph,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage.
Bekenntnisgrundschulen stellen in einem vielfältigen Schulsystem eine wichtige Säule dar, da sie mit ihrem konfessionellen Profil oftmals von Eltern als schulisches Angebot für ihre Kinder gewünscht sind. Daher erachtet die FDP auch weiterhin die Sicherung der Möglichkeit für Eltern, eine solche Schulart für ihre Kinder wählen zu können, als sehr sinnvoll. Eine bisweilen in der Öffentlichkeit kommunizierte Forderung nach einer Abschaffung von Bekenntnisschulen teilt die FDP explizit nicht. Ebenso muss für Eltern die Möglichkeit der Wahl eines nicht-konfessionellen Angebots möglich sein. Bereits heute handelt es sich bei einer Mehrheit der Grundschulen in Nordrhein-Westfalen um Gemeinschaftsgrundschulen.
Es ist grundsätzlich nachvollziehbar, dass bei einer konfessionellen Ausrichtung einer Schulart auch bei dort Tätigen eine Nähe zu diesen Überzeugungen wünschenswert ist. Auch sollte ein Religionsunterricht durch einen entsprechend konfessionell ausgebildeten Pädagogen erteilt werden. Allerdings verdeutlichen vielfältige Rückmeldungen auch die Probleme, die mit einigen bestehenden Regelungen einhergehen. Sowohl an den Bekenntnis- als auch an den Gemeinschaftsgrundschulen fehlen oftmals Schulleitungen, die für eine qualitative Sicherung und Weiterentwicklung dieser Schulen von herausragender Bedeutung sind. An Bekenntnisschulen stehen vielfach - aus den von Ihnen geschilderten Gründen - keine entsprechenden gewünschten Personen für Leitungspositionen zur Verfügung.
In der Folge werden z.B. Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsgrundschulen umgewandelt. Es sollte daher im Interesse der Kirchen sein, über andere Möglichkeiten der diesbezüglichen Ausgestaltung nachzudenken. Entsprechende Gespräche zwischen Land und Kirchen, um dort zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen, wären daher aus unserer Sicht wünschenswert und sind bereits seitens der FDP-Fraktion eingefordert worden.
Herzlichst
Marc Lürbke