Position der ÖDP zur Abtreibung
Sehr geehrte Frau Ripa,
In einer Frage von Rita M. vom 19.01.2023 bezüglich Abtreibung haben sie u.A. auf den Link https://www.oedp-bw.de/kurz-knapp/218-und-abtreibung hingewiesen, welcher die Position der ÖDP zur Abtreibung erläutern soll. Dieser Link funktioniert leider nicht mehr.
Im Blick auf die mögliche Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die EU-Grundrechtcharta (https://www.tagesschau.de/ausland/europa/abtreibung-eu-grundrecht-100.html#:~:text=Das%20Parlament%20der%20Europ%C3%A4ischen%20Union,dagegen%20und%2039%20enthielten%20sich.), sowie die kommende Europaparlamentswahl, wäre ich sehr interessiert, an der Meinung der ÖDP zu diesem Thema und wie Sie in der obig genannten Abstimmung abgestimmt haben.
Vielen Dank für Ihre Antwort und Zeit im Vorraus!
Mit freundlichen Grüßen,
Daniel M.
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Leider konnte ich aus Gesundheitsgründen nicht an der Abstimmung teilnehmen. Ich hätte aber dagegen gestimmt.
Bei dem Thema teile ich die Position meiner Partei, nach der der Paragraf 218 nicht abgeschafft werden soll. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in seinem Urteil von 1975 klargestellt, dass das Recht auf Leben nicht irgendein Grundrecht ist, sondern “die vitale Basis der Menschenwürde und die Voraussetzung aller anderen Grundrechte”. Der nach langer gesellschaftlicher Diskussion gefundene Ansatz einer Fristenlösung mit vorheriger Beratung trägt dieser Tatsache Rechnung und ermöglicht Frauen gleichzeitig eine straffreie Abtreibung. Weiterhin kann der Paragraf auch eine Schutzfunktion haben, indem er verhindert, dass Frauen ohne eine ergebnisoffene Beratung zu einer Abtreibung gedrängt werden.
Das Programm der ÖDP sieht folgendes vor:
Für die ÖDP ist die Würde des Menschen unantastbar, unabhängig von der Lebensphase, von körperlicher und geistiger Gesundheit und unabhängig vom Bewusstseinszustand. Elementarer Ausdruck dieser Würde sind das Recht jedes Menschen auf Leben, von der Befruchtung an bis zu seinem Tod, sowie der Grundsatz, dass Menschen niemals als Gegenstand und unter Nutzungs- oder Vermarktungsaspekten betrachtet werden dürfen.
Die ÖDP fordert auf EU-Ebene u.a:
- Schaffung von kinder- und familienfreundlichen Strukturen in Sozialwesen, Wirtschaft und Arbeitswelt sowie die Bereitstellung von umfassenden Hilfen für Schwangere in Konfliktsituationen, damit ein Ja zum Kind ermöglicht und unterstützt wird und die Abtreibungszahlen gesenkt werden.
- Konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung der EU-Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderung, vor allem auch mit Blick auf eine umfassende Unterstützung von Eltern, die ein Kind mit voraussichtlicher Behinderung erwarten oder ein behindertes Kind haben.
- Programme zur EU-weiten Adoption von Kindern aus Notsituationen, z. B. solchen, die durch Vergewaltigung von Frauen in Kriegsgebieten gezeugt wurden, sowie medizinische, psychologische und materielle Unterstützung von Frauen in Notsituationen während der Schwangerschaft und nach der Geburt.
Weitere Erläuterungen unserer Position und Forderungen finden Sie in unserem Europawahlprogramm, Kap. 14, Lebensschutz und Bioethik, https://www.oedp.de/programm/europawahlprogramm/14-lebensschutz-und-bioethik
Die bedeutet, dass es für die ÖDP kein "Recht auf Abtreibung" gibt, aber ein Recht auf Leben sowie auf körperliche und psychische Unversehrtheit. In Situationen, in denen nach ärztlicher Einschätzung zwischen dem Leben der Mutter und dem Leben des Ungeborenen gewählt werden muss, hat das Leben der Mutter Vorrang. In diesem Fall hat die Mutter auch ein Recht auf eine nach besten medizinischen Standards durchgeführte Abtreibung, damit ihr Leben gerettet werden kann. Ein Schutz des Lebens Ungeborener durch den Staat, der einseitig auf hohe Strafen setzt, kann in solchen Situationen das Leben von Müttern gefährden ohne das Leben der Ungeborenen zu retten,wie in den letzten Jahren in Polen zu beobachten war. Darum beabsichtigt die ÖDP aktuell nicht, die geltende Gesetzeslage in Deutschland in Richtung einer stärkeren Bestrafung von Abtreibungen zu ändern. Erst recht widersetzt sich die ÖDP einer weiteren Schwächung des Schutzes des ungeborenen Lebens, insbesondere der ersatzlosen Abschaffung des Paragrafen 218. Zum Vorstoß von Familienministerin Paus in dieser Richtung hat sich die ÖDP klar positioniert: https://www.oedp.de/aktuelles/pressemitteilungen/newsdetails/news/218-darf-nicht-gestrichen-werden
Die Entschließung des Europäischen Parlaments ist übrigens nicht bindend. Für Änderungen bräuchte es die Einstimmigkeit der EU-Mitgliedsstaaten, was nicht vorstellbar ist.
Mit den besten Grüßen
Manuela Ripa