Frage an Manuela Ripa von Hans-Joachim R. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Ripa,
bitte teilen Sie der interessierten Öffentlichkeit mit, wie Sie zum Matic-Bericht, durch den ein Grundrecht auf Abtreibung verankert werden soll, im EU-Parlament abgestimmt haben.
Sehr geehrter Herr Ritter,
vielen Dank für Ihre Frage und die Möglichkeit, meine Entscheidung auch hier transparent darzustellen.
Ich teile nicht Ihre Auffassung, dass durch den Entschließungsantrag des kroatischen Europaabgeordneten Predrag Fred Matić ein Grundrecht auf Abtreibung verankert werden soll. Vielmehr geht es in dem Text um die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen. Es ist das erste Mal seit zehn Jahren, dass sich das Parlament explizit mit diesen Rechten befasst hat. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Rechte von Frauen in der jüngeren Vergangenheit in einigen EU-Mitgliedstaaten in die Defensive geraten sind.
Der Entschließungsantrag entfaltet keine rechtliche Bindung und kann als Meinungsäußerung der Abgeordneten, zumindest in ihrer Mehrheit, aufgefasst werden.
Oberster Maßstab ist für meine Einschätzung dieses Berichts die Rechtslage in Deutschland, der die ÖDP ja vollumfänglich beipflichtet. Unsere Partei bekennt sich zu der derzeit in Deutschland geltenden Regelung auf Basis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Das heißt, dass eine Frau sich in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft zu einem Abbruch entscheiden kann, wenn sie sich verpflichtend beraten lässt. Der Matić-Bericht fordert nichts, was darüber hinaus geht, weshalb sich für Deutschland gar nichts ändern würde, falls alle Forderungen des Berichts in die Tat umgesetzt würden.
Darüber hinaus geht es im Bericht ja nicht nur um das Thema Schwangerschaftsabbruch, sondern er enthält auch viele weitere, wichtige Punkte, die Beachtung finden sollten. Der Entschließungsantrag betont, dass die Europäische Säule sozialer Rechte ausdrücklich vorsieht, dass jede Person das Recht auf rechtzeitige, hochwertige und bezahlbare Gesundheitsvorsorge und Heilbehandlung hat. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich im Parlament Mitglied im Sonderausschuss zur Krebsbekämpfung. Deshalb begrüße ich, dass im Text explizit der Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs und Brustkrebs erwähnt wird, die beide jedes Jahr viele Frauen das Leben kosten. Und der Bericht spricht darüber hinaus weitere wichtige Themen an und fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen Gewalt in der Gynäkologie und bei der Geburtshilfe vorzugehen. Auch wird ein kohärenter und langfristiger Ansatz zur Beendigung von Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen innerhalb und außerhalb der Union gefordert; dies um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Sehr wichtig ist für mich beim Thema Schwangerschaftsabbruch die Gewissensklausel, die im Entschließungsantrag vorhanden ist. Somit wird ausdrücklich anerkannt, dass sich einzelne Ärzte aus persönlichen Gründen auf eine Gewissensklausel berufen können, und so nicht zu der Durchführung eines Abbruchs gezwungen werden können.
Ich hoffe, mit dieser Antwort für etwas mehr Klarheit gesorgt zu haben, und Sie meine Beweggründe nachvollziehen können, warum ich mich bei der Abstimmung enthalten habe.
Mit freundlichen Grüßen
Manuela Ripa