Frage an Manfred Zöllmer von Andreas B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Zöllmer,
ich danke Ihnen für den Hinweis auf abgeordnetenwatch.de! Sie werden lachen, aber erneut möchte ich Ihnen eine Frage mit Bezug zur Deutschen Bahn stellen, deren Haupteigentümer ja immer noch der Bund ist.
Ich habe heute morgen am Bahnhof Wuppertal-Oberbarmen die Ausstellung "Zug der Erinnerung" ( www.zug-der-erinnerung.eu ) gesehen, eine Dokumentation der Beteiligung der damaligen Reichsbahn an der Deportation und Ermordung Hunderttausender Menschen aus ganz Europa. Ausstellungsschwerpunkt sind insbesondere die Opfer im Kindesalter.
Die Thematik ist an sich schon erschütternd und beschämend - aber hier meine Frage:
Wie kann es sein, dass die DB den Ausstellungsorganisatoren hohe Trassen-, Stations- und Anschlussgebühren in Rechnung stellt und damit die öffentliche Auseinandersetzung und Aufarbeitung dieses Kapitels offensichtlich behindert? Wie kann man die Vorstellung ertragen, dass hier ein zweites Mal mit diesen Verbrechen Geld verdient wird? Warum erfährt die (ehrenamtliche!) Arbeit der beteiligten Bürgerinitiativen eine solch zynische Geringschätzung? Ich sehe den Bund in der Pflicht, als Mehrheitsaktionär umgehend Druck auf die Bahn-Verantwortlichen auszuüben, um dieses unwürdige Verhalten SOFORT zu beenden und alle bereits erhaltenen Gebühren zu erstatten! Vielmehr sollte die DB zur aktiven Aufarbeitung ihrer Verbrechensverstrickungen veranlasst werden.
Wie sehen Sie das?
Für Ihre Antwort wie immer herzlichen Dank!
Beste Grüße vom Wupperstrand,
A. Beck
Sehr geehrter Herr Beck,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage.
Zunächst lassen Sie mich betonen, dass ich den „Zug der Erinnerung“ über die Deportation – insbesondere von Kindern - im Dritten Reich durch die Reichsbahn für ein sehr wichtiges, gelungenes und auch gut erlebbares Projekt halte. Hier wird den Bürgerinnen und Bürgern gewissermaßen die Geschichte, die Erinnerung vor die Tür gefahren. Jeder kann eintreten und sich mit der Geschichte und der kalt und zynisch geplanten Organisation der Deportation auseinandersetzen.
Der Bundesregierung ist das Projekt "Zug der Erinnerung" seit August 2007 bekannt. Dem Antrag des gemeinnützigen Vereins "Zug der Erinnerung" beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf Kostenfreistellung für die Trassengebühr und auf Übernahme der Kosten für die technische Bereitstellung des Zuges konnte leider aufgrund der wirtschaftlichen Eigenverantwortung der Eisenbahnunternehmen, der Deutschen Bahn AG, nicht entsprochen werden.
Die Haltung der Bahn in dieser Frage wie auch zu der – letztlich doch gezeigten - vergleichbaren Ausstellung hier in Berlin am Bahnhof des Potsdamer Platzes, die ich mir anschauen konnte, ist auch für mich nicht hinnehmbar.
Die verkehrspolitischen Sprecher sämtlicher Bundestagsparteien haben im Januar stellvertretend an den Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG geschrieben. Meine Kolleginnen und Kollegen, darunter der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, kritisieren, dass verschiedene Abteilungen des Bahn-Konzerns den "Zug der Erinnerung" mit "immensen Nebenkosten von rund 60.000 Euro" belasten. Diese Forderungen sind zwar formal korrekt, aber die Position der Holding der Deutschen Bahn AG gegenüber dem Projekt stößt auf völliges Unverständnis.
Ich schließe mich dieser Auffassung meiner Kolleginnen und Kollegen – wie viele andere MdB – an und hoffe dringlich, dass die Deutsche Bahn AG aus Verantwortung für die eigene Geschichte hier zu einer Lösung zugunsten des Projekts kommt. Etwa eine Spende in Höhe der erhobenen Nebenkosten wäre mehr als angemessen.
Der Zug der Erinnerung sollte aus meiner Sicht rollen und in so vielen Bahnhöfen wie möglich Station machen und so viele Bürgerinnen und Bürger wie möglich erreichen. Dies sollte nicht an unangemessenen Trassen – oder sonstigen Gebühren scheitern dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Zöllmer