Frage an Manfred Zöllmer von Lars I. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Zöllmer,
viele Kommunen stellen ihr Rechnungswesen auf die doppelte Buchführung um. Wäre dies nicht auch für den Bundeshaushalt eine gute Idee, um ein besseres Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu bekommen als durch die gegenwärtig praktizierte Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben?
So ließe sich beispielsweise durch Bildung von Rückstellungen leichter feststellen, ob die geltenden Versorgungsregelungen für Abgeordnete, Beamte, Soldaten, Richter und Minister noch finanzierbar sind oder über die gesetzgeberischen Anstrenungen der letzten Jahre hinaus weiterer Reformbedarf besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Ihde
Sehr geehrter Herr Ihde,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage.
In der Bundesrepublik Deutschland obliegt die öffentliche Finanzwirtschaft Bund, Ländern und Gemeinden. Bund und Länder haben dabei insbesondere den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen, wie es das Grundgesetz gebietet.
Nach Art 109 Abs. 1 Grundgesetz sind Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig. Diese verfassungsrechtliche Haushaltsautonomie bedeutet, dass Bund und Länder jeweils eigene Haushaltspläne aufstellen, die sie eigenverantwortlich ausführen, abrechnen und prüfen. Dies bedeutet u. a., dass auch die Haushaltsstrukturen z. T. deutlich voneinander variieren. Aufgrund der Haushaltsautonomie und den gesetzlichen Spielräumen besteht z. B. die Möglichkeit den Haushaltsplan für zwei Jahre oder nach Jahren getrennt aufzustellen. Beim Bund liegt die Sache indes anders, weil wegen seines erheblichen finanziellen Gewichts der Bundeshaushalt einer jährlichen Anpassung an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung bedarf.
Anders als im Bund hat die Ständige Konferenz der Innenminister und –senatoren am 11. Juni 1999 die Konzeption zur Reform des Kommunalen Haushaltsrechts verabschiedet. Neben dem reformierten so genannten kameralistischen Haushalts- und Rechnungswesen kann auch ein doppisches Haushalts- und Rechnungssystem bereitgestellt werden. Kern dieser Konzeption ist es, den Kommunen zu ermöglichen, vom bisherigen Geldverbrauchskonzept, das in erster Linie die Bewirtschaftung durch Einnahmen und Ausgaben nachweist, zu einem Ressourcenverbrauchskonzept überzugehen. Die Doppik bringt in der Tat Abschreibungen, eine jährliche Bilanz sowie die Erfassung und Bewertung des gesamten Vermögens und der Schulden (einschließlich etwa der Pensionsrückstellungen).
Eine Modernisierung des Haushaltswesens wird aber auch auf der Bundes- und EU-Ebene diskutiert. Wie Bundesfinanzminister Steinbrück im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr dieses Jahres in einer Rede erklärte, wird die Frage diskutiert, ob die derzeitige schwerpunktmäßige Ausrichtung auf Einnahmen und Ausgaben im kameralistischen Haushaltssystem noch zeitgemäß ist. Diese stellt den politisch Verantwortlichen nur begrenzt Informationen über die zukünftigen Wirkungen und Ergebnisse heutiger Entscheidungen zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund entwickelt derzeit eine Projektgruppe innerhalb des Bundesfinanzministeriums Reformmöglichkeiten und wird spätestens bis zum Ende der Legislaturperiode ein Konzept zur Modernisierung des Haushalts- und Rechnungswesens vorstellen. Viele europäische Mitgliedsstaaten haben ebenfalls bereits Erfahrungen mit ergebnisorientierten Budgetierungssystemen gemacht. Diese Erfahrungen werden mit ausgewertet.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Zöllmer