Frage an Manfred Zöllmer von Brigitte-M. P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Zöllmer,
liest man Ihr Eingangsstatement, so könnte man denken, dass Sie tatsächlich an ein unabhängiges und freies Deutschland glauben, dass noch selbst bestimmen kann, wie mit dem Euro verfahren werden darf und kann.
Dennoch wollen auch Sie offensichtlich für den ESM- Vertrag stimmen und somit einer Entmündigung der deutschen Bürger Vorschub leisten.
Wie ist es überhaupt möglich, dass auch nur ein einziger Abgeordneter für den ESM-Vertrag stimmen kann??
Ich möchte ich Sie dringend bitten, mir dieses Verhalten zu begründen und protestiere aufs Schärfste gegen eine Entmündigung der deutschen Bürger !!!
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte-M. Panetta-Jung
Sehr geehrte Frau Panetta-Jung,
ich danke Ihnen für Ihr Interesse und die kritische Frage zum ESM-Vertrag.
Ich weiß, dass die Turbulenzen an den Märkten und täglich neue Hiobsbotschaften über den Euro und die Staatsschuldenkrise unsere, aber auch die Bevölkerung in anderen Ländern sehr stark verunsichern. Gleichwohl vermag ich Ihre Einschätzung, wonach die Bürgerinnen und Bürger entmündigt werden und im Grunde kein Abgeordneter dem ESM-Vertrag zustimmen könne, nicht zu teilen.
Erst in der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das zur Griechenland-Hilfe ermächtigende Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und das den Euro-Rettungsschirm betreffende Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz) nicht verfassungswidrig seien. Der Deutsche Bundestag hat durch die Verabschiedung dieser Gesetze weder sein Budgetrecht noch die Haushaltsautonomie zukünftiger Bundestage in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise beeinträchtigt. Hier ist niemand entmündigt worden.
Die SPD- Fraktion und auch ich werden dem Gesetz über den deutschen Beitrag zum Rettungsschirm des ESFS am 29. September im Bundestag als „ersten wichtigen Schritt“ der Regierung in der Eurokrise zustimmen.
Das Versagen der Finanzmärkte hat viele Staaten in eine immer höhere Verschuldung getrieben. Auch Deutschland hat die Finanzkrise empfindlich getroffen. Der Staat musste Milliarden Euro zur Rettung von Banken und zur Stützung der Konjunktur aufwenden, um einen Wirtschaftseinbruch zu vermeiden und Arbeitsplätze zu retten. Jetzt müssen wir mit anderen Staaten dafür einstehen, dass es den Finanzspekulanten nicht gelingt, unsere gemeinsame Währung, den Euro, zu Fall zu bringen.
Deutschland hat vom Euro in der Vergangenheit stark profitiert. Ein Zurück zur D-Mark-Zeiten kann es nicht geben, denn was Ländern mit einer angeblich starken eigenen Währung passiert, wird in diesen Tagen am Beispiel der Schweiz besonders deutlich: der Franken hat in den letzten Wochen so stark angezogen, dass sich immer weniger Menschen Produkte aus der Schweiz oder einen Urlaub dort leisten können. Jetzt drohen große Umsatzeinbrüche und der Verlust Zehntausender Arbeitsplätze in unserem Nachbarland. Die Schweizer Nationalbank hat die Notbremse gezogen und einen festen Wechselkurs beschlossen, um weiteren Schaden abzuwenden. Deutschland würde es genauso wie der Schweiz ergehen, würde der Euro zerbrechen und die D-Mark wieder eingeführt. Um einen vernünftigen Weg aus der Schulden- und Finanzkrise zurück zu alter Stärke aufzuzeigen, hat die SPD aktuell ein Konzept für solide Finanzen und eine zukunftsfähige Infrastruktur vorgelegt.
Uns ist es wichtig, dass die heimliche Vergemeinschaftung von Schulden durch die Zerstörung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) beendet wird. Wir brauchen dringend bessere Einflussmöglichkeiten auf die Haushalte und Schulden der Euro-Mitgliedsstaaten. Ferner ist uns wichtig, dass die Geburtsfehler des Euro endlich behoben werden – nämlich insgesamt mehr europäischer Einfluss auf die Stabilitäts-, Finanz- und Steuerpolitik der einzelnen Mitgliedsstaaten.
Insoweit geht es nicht darum sich den Problemen zu verweigern, Staaten „fallen“ zu lassen, auszuschließen und angeblich gute alte Zeiten zu betrauern, sondern aktiv die Zukunft Europas mit ihrer starken Währung zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Zöllmer, MdB