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Manfred Zöllmer
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Frage von Jost M. •

Frage an Manfred Zöllmer von Jost M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Zöllmer,

mir ist bekannt, dass die Gehälter vieler kirchlicher Würdenträger, unter anderem auch die angeblichen 5.400 EUR monatliche Rente, die Ex-Bischof Mixa künftig erhält, nicht etwa aus Kirchensteuern, sondern aus Steuermitteln bezahlt werden. Darin sehe ich eine ungerechtfertigte Verwendung von Steuermitteln, zumal ich zu dem Drittel der deutschen Bevölkerung gehöre, die keiner Konfession angehören. Es besteht keinerlei gesetzliche Verpflichtung zu diesen Zahlungen, die erheblich sind (die Rede ist von 450 Millionen Euro pro Jahr!), so dass mich dieses wirklich verärgert. Bevor weitere Sozialleistungen gestrichen werden, sollte doch bitteschön hier einmal der Rotstift angesetzt werden.

Ich wüsste gerne, wodurch Sie dieses Geschenk des Staates an die Kirchen legitimiert sehen und wie Sie dieses persönlich werten.

Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

Jost Müller

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Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Bedingt durch den Rücktritt von Bischof Mixa und dessen Altersversorgungsbezüge ist eine öffentliche Diskussion über staatliche Gelder an die Kirchen und deren Verwendung entstanden.

Richtig ist, wie Sie erwähnen, dass es neben den Kirchensteuern noch weitere Zahlungen des Staates – insbesondere durch die Länder – an die Kirchen gibt, denen ein historischer Kontext zugrunde liegt.

Erstmals in der Weimarer Reichsverfassung (WRV) wurde das Verhältnis von Staat und Kirche umfassend geregelt. Dabei ging es auch um die Entflechtung der damaligen Vermögensbeziehungen von Staat und Kirche, wie sie aufgrund kirchlicher Sonderrechte aus der Zeit des Staatskirchentums vor 1919 entstanden waren. Man wollte eine größere Entflechtung schaffen, dennoch aber die vermögensrechtliche, finanzielle Situation der Religionsgemeinschaften schützen.

Aus dieser Zeit stammen die sogenannten Dotationen. Dies sind vorkonstitutionell begründete Leistungen an Religionsgemeinschaften, die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhen. Träger dieser Staatsleistungen sind die Länder – also z. B. auch das Land Bayern. Mit dem Inkrafttreten der WRV geht einher, dass der Bund die Grundsätze zu den Dotationen aufstellen sollte. Diesem Gesetzgebungsauftrag wurde aber in der Tat auch nach mehreren Jahrzehnten bis heute nicht nachgegangen.

Auch das Grundgesetz garantiert den Kirchen, dass sie ihre Angelegenheiten selbstständig regeln dürfen und eine eigene Steuer erheben können. Die Einkünfte und Vermögenswerte der Kirchen werden den staatlichen Institutionen generell nicht mitgeteilt. Die Staatsleistungen an die Kirchen selbst können in positive und negative unterschieden werden. Positiv sind beispielsweise die genannten Dotationen – also unmittelbare Zahlungen. Negativ ist z.B. die Befreiung von Steuern oder Abgaben.
Zu dem Gesamtumfang der Staatsleistungen liegen meiner Kenntnis nach keine belastbaren Zahlen vor. Nach eigenen Angaben hat die katholische Kirche 2006 und 2007 etwa 152 Mio. EUR erhalten. Die Evangelische Kirche gibt für das Jahr 2004 222 Mio. EUR an.

Die Haushaltssystematik von Bund und Ländern sieht keine Differenzierung nach Institutionen bei den Funktions- und Ausgabenbereichen vor. Es gibt lediglich die Funktion „Kirchliche Angelegenheiten“, die dem kulturnahen Bereich zuzuordnen ist.
Insgesamt sind die Zuschüsse des Staates und Steuerbegünstigungen sicher als Kostenausgleich für die von den Großkirchen und ihren Einrichtungen unter finanzieller Selbstbeteiligung erbrachten Leistungen für die Allgemeinheit in unserem Land zu werten. Dies sollte meines Erachtens auch durch das Fehlverhalten Einzelner nicht in Frage gestellt werden. Derartige Zuschüsse und Steuerbegünstigungen erhalten auch andere gemeinnützige Träger, die vergleichbare Leistungen erbringen.

Abschließend erscheint mir Ihre Kritik aber durchaus berechtigt und insgesamt schwindet u. U. die gesellschaftliche Akzeptanz für die genannten Dotationen. Ich denke, dass auch Verträge zwischen dem Staat und den Kirchen ggf. neu verhandelt werden müssen, wenn sich der Eindruck verfestigen würde, dass Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis stünden.

Hierzu wird es zweifelsohne eine gesellschaftliche Debatte geben, zu der Sie Ihren Beitrag engagiert geleistet haben.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Zöllmer, MdB