Frage an Manfred Zöllmer von Alexander S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Zöllmer,
da nun in Wuppertal für Sie geworben wird, bin ich erstmals auf Sie aufmerksam geworden und habe mir angeschaut, wie sie sich zu den Internetsperren äußern.
Dabei fällt auf, dass Sie sehr diplomatisch agieren. Zum einen haben Sie an der Abstimmung nicht teilgenommen, zum anderen entsteht in Ihren Antworten zu vorherigen Fragen der Eindruck als zeigten Sie Verständnis für all die Kritiker, stünden aber generell doch hinter der Umsetzung dieser Sperren.
In einer Ihrer letzten Antworten schrieben Sie:
"Mit der neuen gesetzlichen Regelung bekämpfen wir nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer[...]"
Ich möchte Sie bitten mir ehrlich zu antworten, ob Sie das tatsächlich glauben. Jeder !normale! Mensch, der im Internet zufällig auf Kinderpornografie stößt, was nebenbei gesagt überaus unwahrscheinlich ist, wird dies doch ohnehin melden oder sich davon distanzieren. Diese Menschen nun durch einen nicht notwendigen Filter zu "schützen" und letztendlich auch zu kriminalisieren, kann nicht Sinn eines Gesetztes sein. Zumal doch niemand glaubt, dass derjenige, der sich in der Szene auskennt, diese Stoppseite jemals zu Gesicht bekommt. Ich glaube sehr wohl, dass der Neuling der Szene abgeschreckt wird aber dass die eigentliche Szene dies zum Anlass nimmt, sich weiterzuentwickeln und Methoden ausarbeitet um noch unsichtbarer agieren zu können. Material dokumentierten Mißbrauchs ist doch in den seltensten Fällen frei auf Webseiten gespeichert und somit zugänglich. Wie bitte möchte man in Zukunft und auch generell mit dem Problem umgehen, dass man mit dem Gesetzt lediglich einen, sehr unbedeutenden Zugang blockiert hat, aber zig weitere offen lässt und nun so tut, als sei die Gefahr gebannt. Wenn das Ziel ist der breiten Masse zu verkaufen, dass man etwas getan hat, kann ich nur gratulieren, wenn nicht, sollte das nächste Gesetzt durchdachter sein, damit es tatsächlich Wirkung zeigt.
Sehr geehrter Herr Schnitzler,
Ich habe Verständnis für die vielfach geäußerten Bedenken der Internet-Nutzer. Gleichzeitig stehe ich voll hinter dem Gesetz.
Ich bekräftige meine Einschätzung, dass wir mit dem betreffenden Gesetz neben der Beschränkung des Zugriffs auf kinderpornografische Inhalte im Internet auch die Freiheiten der Internetnutzer gewahrt haben. Dies ist für mich von besonderer Bedeutung und ich möchte Ihnen meine Auffassung auch gerne erläutern.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein schreckliches Verbrechen. Wir engagieren uns sehr stark, um die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten einzudämmen. Auch wenn Sie sicherlich Recht mit der Annahme haben, dass die Umgehung gesperrter Seiten im Internet von kundigen Nutzern sehr leicht möglich ist, so dient das Gesetz dennoch der Erschwerung eines ungehemmten Zugriffs auf kinderpornografische Inhalte.
Bitte beachten Sie, dass die SPD dem vorliegenden Gesetz einen sehr deutlichen Stempel aufgedrückt hat. Der vorangegangene Gesetzesentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium war für uns nicht akzeptabel, schon gar nicht die Versuche von Frau von der Leyen, Sperrungen im Internet auch ohne eine gesetzliche Regelung vorzunehmen. Wie ich bereits in meinem Beitrag vom 17. Juni 2009 hier auf abgeordnetenwatch.de erklärt habe, konnte sich die SPD-Fraktion in entscheidenden Punkten gegen die CDU durchsetzen. Wir konnten erreichen, dass
- der Grundsatz „Löschen vor Sperren“ gilt
- die Sperrlisten des BKA jederzeit von einem unabhängigen Gremium kontrolliert werden können
- aus Gründen des Datenschutzes Verkehrs- und Nutzungsdaten im Zusammenhang mit den Sperrungen nicht zur strafrechtlichen Verfolgung eingesetzt werden können
- die zunächst für das Telemediengesetz vorgesehenen Änderungen für Zugangssperrungen in einem Spezialgesetz geregelt werden. Hierdurch haben wir ausdrücklich einer Ausweitung der Zugangssperrung auf nicht-kinderpornografische Netzinhalte eine Absage erteilt
- das Gesetz Ende 2012 ausläuft und bezüglich seiner Wirksamkeit überprüft werden muss.
Außerdem konnten wir durch die ausdrückliche gesetzliche Regelung die Absprachen, die zwischen BKA und den Internet-Providern zur Sperrung und Löschung von Netzinhalten ohnehin bereits im Aufbau waren, in transparente rechtliche Schranken weisen. Die Gefahr ungerechtfertigt wuchernder staatlicher Eingriffsbefugnisse in das Internet, die mit dem Entwurf der CDU/CSU real geworden wäre, haben wir erfolgreich abgewehrt.
Aus diesem Grund stehe ich zu meiner vorangegangenen Einschätzung: Das Gesetz leistet einen Beitrag zur Einschränkung der Kinderpornografie im Internet bei Wahrung und Verteidigung der Freiheitsrechte der Internetnutzer.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Zöllmer