Frage an Manfred Zöllmer von Johannes K. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Zöllmer,
jedes mal wenn ich bei einer ec-Kartenzahlung eine Unterschrift leisten muss, bekomme ich am Kassenzettel eine ziemlich ausführliche Einverständniserklärung vorgelegt, die mich darüber aufklärt, dass meine Daten zwecks möglichem Zahlungsausfall (usw.) gespeichert werden. Dies ist datenschutzrechtlich wahrscheinlich notwendig und an sich ja lobenswert. Aber wer nimmt sich schon die Zeit diese Einverständniserklärung genau durchzulesen wenn an der Kasse hinter einem die "Schlange" schon ungeduldig wartet? Fast niemand. Und genau das finde ich ausgesprochen bedenklich, denn die Bürgerinnen und Bürger sollten m.E. nicht tagtäglich dazu konditioniert werden, Dinge zu unterschreiben die sie nicht gelesen haben. Gerade einem Schulleiter denke ich nicht weiter ausführen zu müssen, welech langfristigen (und problematischen) Folgen eine solch Konditionierung haben kann.
Könnten Sie sich daher vorstellen, gemeinsam mit den Netzbetreiber für die Abwicklung von Kartenzahlungen eine praktikablere und trotzdem datenschutzrechtlich korrekte Lösung zu erarbeiten, die dem tagtäglichen zigtausendfachen Nicht-Lesen-und-Unterschreiben an den deutschen Kassen ein Ende bereitet (zumal bei einer Kartenzahlung mit PIN eine solche Einverständniserklärung offensichtlich nicht notwendig ist)?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kritzinger,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Grundsätzlich verstehe ich Ihre Besorgnis gegenüber einer Konditionierung zu unreflektiertem Handeln. Ich halte es für eine wichtige Aufgabe unseres Bildungs- und Erziehungssystems, insbesondere junge Menschen zu einer bewussten und mündigen Teilnahme am Rechtsverkehr zu befähigen. Dazu gehört auch die Vermittlung der Einsicht, dass die Unterschrift mit eigenem Namen Rechtsfolgen – sowohl gewollte als auch ungewollte – nach sich ziehen kann.
Auch wenn wir dem Leitbild des mündigen Verbrauchers folgen, stellt das Lesen seitenlanger allgemeiner Geschäftsbedingungen im Regelfall eine Überforderung des juristisch nicht gebildeten Laien dar. Bei Massengeschäften, wie etwa dem von Ihnen beschriebenen bargeldlosen Zahlungsverkehr an der Supermarktkasse, besteht jedoch sowohl auf Verbraucher- als auch auf Unternehmerseite ein berechtigtes Interesse an einer effektiven und schnellen Abwicklung der Geschäftsbeziehung. Es ist daher Aufgabe der Verbraucherpolitik, den rechtlichen Rahmen derart zu gestalten, dass eine Überforteilung des im Geschäftsverkehr regelmäßig unerfahrenen Verbrauchers durch das sog. „Kleingedruckte“ ausgeschlossen wird. Rechtliche Hinweise auf Gewährleistungs- oder Datenschutzrechte sind Teil dieser verbraucherschützenden Strategie.
Die Vereinheitlichung und Verlässlichkeit dieser Regelungen sind dabei sehr wichtig. Eine Gleichbehandlung der unterschriftslosen Zahlungsvariante mit PIN (POS-Verfahren) und der Lastschriftvariante mit Unterschrift (POZ-Verfahren) scheidet jedoch aufgrund der Andersartigkeit der Transaktionsabwicklung aus. Bei Zahlung mit PIN übernimmt die Bank gegenüber dem Zahlungsempfänger eine Garantie auf Begleichung der Forderung. Bei dem Lastschriftverfahren mit Unterschrift wird keine solche Garantie gegeben. Es handelt sich hierbei aus Verbraucherperspektive um ein echtes Drei-Personen-Verhältnis, für das gesonderte Hinweise auf den Datenschutz erforderlich sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Manfred Zöllmer