Wollen Sie den Qualitäts-Journalismus stärken?
Sehr geehrter Herr Weber,
ich habe gleich mehrere Fragen:
1. Das Medienfreiheitsgesetz ist ja schon mal ein Fortschritt. Würden Sie es unterstützen, die Unabhängigkeit der Medien auch auf Verfassungsebene zu sichern?
2. Das Konzept der Gewaltenteilung berücksichtigt die Medien bislang nicht. Würden Sie daran etwas ändern wollen?
3. Der Qualitäts-Journalismus hat es zunehmend schwer. Immer mehr Menschen informieren sich nur noch aus dem Internet - und besuchen dabei nicht gerade die Portale der ARD oder einer renommierten Zeitung. Sogar das Radio hat gegenüber Streamingdiensten das Nachsehen. Haben Sie Ideen, wie man das ändern könnte? Was halten Sie von einer (verpflichtenden?) unabhängigen Zertifizierung ähnlich TÜV bzw. Nutri-Score, nur dass statt Salz und Kalorien, z. B. die Meinungsvielfalt, Neutralität und die Konformität mit dem Pressecodex bewertet werden? Was soll mit Medien/Kanälen passieren, die sich in besonderer Weise durch Meinungsmache, Agitation und Hetze auszeichnen?
Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für ihre Fragen zu dem wichtigen Thema eines freien und qualitativ hochwertigen Journalismus in Europa, die ich nachfolgend gerne beantworte.
1. Das Medienfreiheitsgesetz ist nicht nur ein kleiner Fortschritt, sondern die Antwort auf eine lange Diskussion rund um unabhängigen Journalismus. Konkret haben wir mit diesem Gesetz sichergestellt, dass die Medienaufsicht politisch unabhängig ist, Transparenz über die Besitzverhältnisse von Medienunternehmen geschaffen wird und Mindeststandards für die freie Arbeit der Journalistinnen und Journalisten sowie den öffentlichen Rundfunk festgelegt werden. Außerdem ermöglichen wir Medienanbietern, sich an die europäische Ebene zu wenden, wenn nationale Regulierung ihre Arbeit behindert.
Die Unabhängigkeit der Medien und die Sicherheit der Medienschaffenden sind für mich persönlich und für die gesamte EVP-Fraktion ein Grundpfeiler, der für eine demokratische Meinungsbildung unerlässlich ist. Die Unterstützung einer freiheitlichen europäischen Medienkultur ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, das wir mit der maßgeblichen Unterstützung dieses neuen Gesetzespakets umsetzen konnten.
2. Auch wenn Medien besonders in freiheitlichen Demokratien oft als "vierte Gewalt" bezeichnet werden, üben die freien Medien keine staatliche Gewalt aus und ihre Rolle entspricht gerade nicht die einer Staatsfunktion. Aufgabe der Medien ist es, die Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Staat und Parteien zu informieren. Meiner Ansicht nach, hat die Medienlandschaft in Europa einen großen Einfluss auf die Willensbildung des einzelnen Bürgers und das ist richtig und wichtig und gilt es auch in Zukunft sicherzustellen. Die freien Medien sind somit ein Grundpfeiler der heutigen demokratischen Kultur Europas und müssen als solche durch die Pressefreiheit, die eine zensurfreie Berichterstattung garantiert, geschützt werden.
3. Die zunehmende Digitalisierung verändert den Medienkonsum und die Medienlandschaft umfassend. Hierbei spielen die sozialen Medien, wie von Ihnen aufgezeigt, eine entscheidende Rolle. Die EVP-Fraktion hat die Herausforderungen des digitalen Zeitalters für den Qualitätsjournalismus erkannt und bereits 2016 hierzu ein ausführliches Positionspapier erarbeitet. Verantwortungsvoller, glaubhafter und insbesondere faktenbasierter Journalismus ist entscheidend. Deshalb möchten wir als EVP dafür sorgen, dass Redaktionen von Medienschaffenden im Fall der Verbreitung von Falschinformationen dafür haften. Zudem müssen wir Medienkompetenz schulen, um die Menschen zu befähigen, bei der Nutzung digitaler Medien, Informationen zu verwerten und Medien kritisch zu hinterfragen und zu beurteilen.
Das von Ihnen angesprochene Problem ist komplex. Gerne verweise ich Sie daher für eine detaillierte Auseinandersetzung auf das Positionspapier unserer EVP-Fraktion zur Freiheit und Pluralität der Medien im digitalen Zeitalter: https://www.eppgroup.eu/de/newsroom/positionspapier-der-evp-fraktion-zur-freiheit-und-pluralitaet-der-medien-im-digitalen-zeitalter .
Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen weiter.
Bitte gehen Sie morgen zur Europawahl und bestimmen Sie über die künftige Richtung Europas mit!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Manfred Weber