Diskriminierung von Behinderten bei der Suche nach einem Nebenjob?
Sehr geehrter Herr Özdemir,
Was wird Ihre Koalition tun, um die unsägliche Diskriminierung von körperlich behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu beenden? Ich bin im Moment noch Schüler in der 12. Klasse und versuche schon seit Monaten, einen für mich geeigneten Nebenjob zu finden, wie es nahezu alle meine Freunde tun.
Das ist allerdings äußerst schwierig, weil ich auf einen Rollstuhl angewiesen bin und somit die meisten meiner Bewerbungen abgelehnt werden, ohne dass es überhaupt zu einem klassischen Vorstellungsgespräch kommt. Häufig erhalte ich auch gar keine Antwort. Selbst wenn ich mir Betriebe im Bezug auf Barrierefreiheit usw. selbst angesehen und aktiv das Gespräch gesucht habe, scheint es eine große Scheu in den Betrieben zu geben, was die Beschäftigung von Körperbehinderten angeht.
Wie kann es sein, dass für alle möglichen, sicherlich gut gemeinten Antidiskriminierungsprojekte Zeit und Geld da ist, bei diesem Thema aber keinerlei Fortschritte gemacht werden?
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank Ihnen für Ihre Nachricht.
Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen zu fördern und zu verbessern. Deshalb hat das Bundeskabinett am 21. Dezember 2022 das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes beschlossen. Zu Beginn diesen Jahres wird das Gesetz nun im Deutschen Bundestag beraten.
Wir wollen mit dem inklusiven Arbeitsmarkt gleiche Chancen für schwerbehinderte Menschen gewährleisten, da diese trotz besserer Ausbildung stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Die Arbeitgeber, die über mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen, sind bereits jetzt gesetzlich dazu verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Arbeitgeber, die diesen Verpflichtungen nicht nachkommen, werden künftig mit der Einführung einer sog. Vierten Staffel zu einer doppelt so hohen Ausgleichsabgabe in Höhe von 720 Euro pro nicht besetztem Pflichtarbeitsplatz, verpflichtet. Die Gelder aus der Ausgleichsabgabe sollen vollständig dafür verwendet werden, die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern.
Das Ziel ist es dabei nicht die Arbeitgeber zu bestrafen, sondern einen deutlichen Anreiz zu setzen, Menschen mit Schwerbehinderung einzustellen und ihr Potenzial als Fachkräfte auszuschöpfen.
Auch in der von Ihnen geschilderten Situation dürfen die Arbeitgeber laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz Menschen mit einer Schwerbehinderung im Minijob nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen oder diskriminieren. Das gilt für die Einstellung, den beruflichen Aufstieg und die Kündigung. Darüber hinaus sind Menschen mit einer Behinderung auch in einer kurzfristigen Beschäftigung oder im Minijob arbeitsrechtlich laut Neuntem Buch des Sozialgesetzbuches – SGB IX besonders geschützt.
Ohne die Details Ihrer Bewerbungsprozesse zu kennen, kann es darüber hinaus sicherlich hilfreich sein, wenn Sie sich bei größeren Unternehmen direkt an den zuständigen Inklusionsbeauftragten wenden. Zudem könnten Sie Unterstützung für Ihre Bewerbung bei Ihrem zuständigen Wahlkreisabgeordneten anfragen.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Informationen weiterhelfen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der weiteren Suche nach einem Nebenjob.
Alles Gute für Ihre Zukunft und mit besten Grüßen
Mahmut Özdemir