Frage an Mahmut Özdemir von Miriam L. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Özdemir,
wahrscheinlich wird das Schlimmste eintreten und die Bundesregierung wird eine Abwrackprämie beschließen und damit beweisen, dass sie nicht imstande ist, zukunftsfähige Technologien zu fördern, anstatt das Geld der Steuerzahler für umweltschädliche Produkte von gestern zu verschleudern.
Eine solche müsste aber sicher noch vom Bundestag abgesegnet werden, um die Fassade der Demokratie zu wahren.
Wie werden Sie im Falle einer solchen Abstimmung abstimmen? Wie wichtig sind Ihnen Klimaschutz, die Verpflichtungen des Pariser Abkommens und das Recht künftiger Generationen auf einen bewohnbaren Planeten?
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Lütje
Sehr geehrte Frau Lütje,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und möchte direkt auf die von Ihnen eingebrachten Punkte eingehen.
Ohne Umschweife kann ich Sie beruhigen: es wird keine Abwrackprämie geben. Im Gegenteil: Wir setzen auf Zukunft. Das zeigen die Beschlüsse, die der Koalitionsausschuss gestern Abend gefasst hat. Statt auf klassische Instrumente, wie Sparprogramme und die Abwrackprämie zu setzen, investieren wir in unsere gemeinsame Zukunft. Das wird deutlich, wenn man guckt, in welche Bereiche die 130 Milliarden Euro mit ihren 57 (!) Maßnahmen größtenteils fließen: in Bildung und Forschung, in die Familien, unsere Kommunen, Digitalisierung und den ökologischen Wandel. Außerdem setzen wir auf die Förderung der Elektromobilität. Beschlüsse im Detail, die zum Klimaschutz beitragen (siehe dazu auch die Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom 03.06.2020):
Die Kfz-Steuer für Pkws wird stärker an CO2-Emissionen ausgerichtet, wovon eine spürbare Lenkungswirkung hin zu emissionsärmeren bzw. emissionsfreien Fahrzeugen ausgehen wird. Für Neuzulassungen wird die Bemessungsgrundlage zum 1.1.2021 daher hauptsächlich auf die CO2-Emissionen pro km bezogen und oberhalb 95g CO2/km in Stufen angehoben. Zudem wird die bereits geltende zehnjährige Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis zum 31.12.2025 gewährt und bis 31.12.2030 verlängert. Durch die Umweltprämie wird der Austausch der Kfz-Fahrzeugflotte durch klima- und umweltfreundlichere Elektrofahrzeuge gefördert. Im bestehenden System werden wir die Prämien des Bundes als neue „Innovationsprämie“ verdoppeln. Die Prämie der Hersteller bleibt davon unberührt. Das bedeutet zum Beispiel, dass bis zu einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 Euro steigt. Diese Maßnahme ist befristet bis 31.12.2021. Bei der Besteuerung von reinelektrischen Dienstwagen von 0,25% wird die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro erhöht.
Des Weiteren will die SPD-Bundestagsfraktion für neue Autos mit hohem Spritverbrauch eine höhere Kfz-Steuer ansetzen und so den Umstieg auf klimafreundliche Pkw fördern. Oberhalb der Marke von 95 Gramm CO2 pro Kilometer soll die Steuer stufenweise angehoben werden.
Deutschland hat sich im Rahmen der Weltklimakonferenz 2015 in Paris wie 196 weitere Staaten dazu verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, dürfen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden, als der Atmosphäre durch sogenannte Senken, also etwa Wälder und Moore, entzogen werden. Diese "Treibhausgasneutralität" kann nur dann erreicht werden, wenn die Weltwirtschaft rasch und konsequent deutlich weniger Kohlenstoff umsetzt. Aufgrund dessen hat die Große Koalition im vergangenen Jahr das Klimaschutzprogramm 2030 auf den Weg gebracht, welches ich in außerordentlichem Maße befürworte und unterstütze.
Konkret bedeutet das für unseren Weg bis zum Jahr 2050: Es bedarf eines klimaneutralen Gebäudebestands, das Verkehrssystem muss sich fast vollständig unabhängig von fossilen Kraftstoffen machen, die Landwirtschaft ihre Emissionen deutlich mindern. Die Industrie wird eine Transformation hin zur Treibhausgasneutralität durchlaufen und in der Energiewirtschaft ist ein weiterer Rückgang der fossilen Energieversorgung beginnend mit einem schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung notwendig. All dies wurde im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht. Ferner wird der Bund die Länder im Jahr 2020 bei der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unterstützen, da durch die Corona-Pandemie die Fahrgeldeinnahmen stark verringert sind. Dies erfolgt durch die einmalige Erhöhung der Regionalisierungsmittel in Höhe von 2,5 Milliarden Euro in 2020.
Sie sehen, dass wir die sich aus dem Pariser Abkommen ergebenden Verpflichtungen ernst nehmen und verantwortungsvoll nicht nur für uns, sondern auch für die nachfolgenden Generationen handeln. Eine Trendwende kann nicht von heute auf morgen erfolgen, aber von Nichthandeln kann nicht die Rede sein. Schrittweise wird der Klimaschutz gefördert, ohne zu überfordern.
Mit freundlichen Grüßen
Mahmut Özdemir