Frage an Mahmut Özdemir von René B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Özdemir,
vor dem Hintergrund der aktuell veröffentlichten Dokumente zum Freihandsabkommen TTIP möchte ich Sie fragen, ob Sie diesem Abkommen zustimmen oder nicht.
Zum einen frage ich dies, weil über dieses Abkommen im geheimen verhandelt wird. Was hat das mit Transparenz und Demokratie zu tun - wo das Abkommen doch angeblich für alle gut ist? Selbst Abgeordnete haben keinen vollen Zugriff auf die Dokumente (wie man dann überhaupt darüber abstimmen kann, erschließt sich mir nicht). Darüber hinaus geht aus den von Greenpeace veröffentlichten Dokumenten vor, in welchem Maße der Verbraucherschutz und andere Standards beschnitten oder gar abgeschafft werdenen sollen.
Ich persönlich würde mir wünschen, dass Sie mit nein stimmen.
Ich bedanke mich für Ihre Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Rene Bove
Sehr geehrter Herr Bove,
vielen Dank für Ihr Schreiben zu den „TTIP-Leaks“, den veröffentlichten Interna aus den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA.
Die Offenlegung der Dokumente bestätigt uns in unserer Haltung, wonach die Verhandlungen bestimmte definierte Grenzen respektieren müssen, die wir als SPD-Bundestagsfraktion im Frühjahr 2013 formuliert hatten. Diese Grenzen gelten weiter. Daher erfüllt es uns mit Sorge, dass die bisherigen US-Vorstellungen erkennbar weit von unseren Erwartungen an ein faires Freihandelsabkommen entfernt liegen.
Von Anfang an haben wir auf mehr Transparenz in den Verhandlungen gedrungen, denn ohne Klarheit kann es keine Unterstützung für TTIP in der Öffentlichkeit geben. Obwohl sich bei den TTIP-Verhandlungen vieles zum Positiven gewendet hat - die EU-Verhandlungspositionen und Texte sind seit langem im Internet für jede Bürgerin und jeden Bürger frei zugänglich, Verhandlungsberichte werden veröffentlicht, ein TTIP-Leseraum mit Zugangsrecht für Bundestagsabgeordnete wurde eingerichtet, indem ich mich bereits persönlich über den letzten Verhandlungsstand informiert habe - werden nach wie vor keine TTIP-Textvorschläge der US-Seite veröffentlicht.
Warum die jetzt geleakten TTIP-Texte (sog. konsolidierte Texte) der Amerikaner bisher nicht veröffentlicht wurden, hat mit Vereinbarungen zwischen der Europäischen Kommission und der US-Regierung zu tun. Die jetzt veröffentlichten Texte sind nicht als Verhandlungsergebnisse zu betrachten, sondern sie spiegeln lediglich die derzeitige Verhandlungsposition der jeweiligen Seite wider.
Die größte Sorge der Bürgerinnen und Bürger ist die Senkung unserer Standards. In diesem Bereich gibt es aber eine klare verbindliche Zusage der EU: Die EU wird ihre Schutzstandards nicht absenken! Durch TTIP werden unsere EU-Standards und Zuständigkeiten nicht eingeschränkt. Das bedeutet, um ein weit verbreitetes Beispiel zu nehmen, dass Hormonfleisch nicht zugelassen wird. Ebenso wenig wird die EU ihre Regelungen zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten und anderen Lebensmitteln ändern oder das Vorsorgeprinzip zur Disposition stellen. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz.
Ich möchte Ihnen abschließend versichern, dass es mit der SPD nur ein Abkommen geben wird, das den Interessen der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft unseres Landes nützt. Am Ende ist es eine Abwägungsentscheidung, ob TTIP der Wirtschaft nützt ohne dem Verbraucherschutz und besonders den Menschen im Land zu schaden. Das ist mein „persönlicher“ Maßstab. Eine Entscheidung zu meinem Abstimmungsverhalten gebe ich Ihnen gerne sobald eine Entscheidungsreife vorliegt, wobei gegenwärtig fraglich ist ob diese Entscheidungsreife je erreicht werden wird.
Mit besten Grüßen
Mahmut Özdemir, MdB