Frage an Mahmut Özdemir von Barbara U. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Özdemir
Seit rd 5 Jahren tobt der Krieg in Syrien und IS mordet auch nicht erst seit gestern. Warum wurden und werden die Nachbarländer Syriens von der EU/Deutschland im Stich gelassen?
http://www.stern.de/politik/deutschland/fluechtlingskrise—griechenland-kann-kein-riesiges-fluechtlingslager-werden-6518168.html ,
Welchen Wert hat die EU, wenn sie sich mehr mit der Plastikverpackung von Bio- Gurken befasst, statt ein Asylrecht auf EU- Basis zu verabschieden?
Warum beauftragt man nicht das IRK mit der Registierung der Flüchtlinge? Damit wäre auch dieZusammenführung der Familien gesichert?
Ein EU- Land nach dem anderen grenzt sich von anderen ab und will mit Zäunen aus Natodraht Flüchtlinge ausbremssen. Warum liefert die Bundesrepublik Waffen nach Saudi Arabien? Wer Waffen verkauft, ist auch für Flüchtlinge verantwortlich. Es ist beschämend, dass Länder, denen es wirtschaftlich schlecht geht und schneller von Flüchtlingen erreichbar sind, von anderen EU- Ländern im Stich gelassen werden.
Hier ist wohl ein Beisspiel der krassesten Fehlplanung bei uns: http://www.stern.de/politik/deutschland/100-einwohner-dorf-sumte--1000-fluechtlinge-am--arsch-der-welt--6500922.html
Wie soll die Integration stattfinden? Warum verlangt man von Angehörigen, die bereits rechtmäßig in Deutschland leben und geflüchtete Angehörige aufnehmen würden, eine unbefristete Bürgschaft, statt froh zu sein, dass sie kostenlos Hilfe kriegen und für diese Menschen keine Unterkünfte schaffen müssen?
Hier werden arme Bürger, die in unserem Land leben, gegen Flüchtlinge ausgespielt, was den rechten Parteien Zulauf beschert. Wie passt es zusammen, dass einerseits alle Bürger unseres Landes unter Generalverdacht gestellt werden Terroristen zu sein und ihre Verbindungsdaten gespeichert werden und andererseits massenhaft ungeprüft Menschen ins Land lässt, ohne zu wisssen ob sie Anhänger von IS oder anderer orientlischer Terrororganisationen sind?
Sehr geehrte Frau Uduwerella,
haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift zum Thema Flüchtlingspolitik.
Im Amsterdamer Vertrag von 1999 beschlossen die EU-Mitgliedsstaaten, einen Rechtsrahmen für eine echte gemeinsame Asylpolitik zu schaffen. Eine humanitäre Krise des Ausmaßes, wie wir sie heute erleben, hatte man damals selbstverständlich noch nicht im Blick. Aber schon die Aushandlung des damaligen, sogenannten Tampere-Abkommens war diplomatisch hoch kompliziert. Angesichts der jetzigen, teils gravierenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedsstaaten zur Flüchtlingspolitik ist es umso wichtiger, Kompromisse zu erzielen, um handlungs- und gestaltungsfähig zu bleiben und den hier ankommenden Menschen eine würdige Perspektive zu bieten.
Im Übrigen hat die Europäische Kommission, die im Rahmen ihrer Binnenmarktpolitik auch Verbraucherschutzfragen reguliert (darunter eben auch die Bio-Gurke), keine Kompetenz zum Erlass von asyl- und migrationsrechtlichen Regelungen. Da dies eine der originären Hoheitsbefugnisse der Mitgliedsstaaten ist, können nur diese sich einvernehmlich auf diesem Gebiet voran bewegen.
Die Registrierung von Flüchtlingen muss nach geltendem Recht zwingend durch eine hoheitliche deutsche Behörde unmittelbar vorgenommen werden. Demnach scheidet eine direkte Registrierung durch das DRK aus. Allerdings ist es möglich, dass Organisationen durch Erhebung der für die Registrierung erforderlichen Informationen unterstützend tätig werden und das Verfahren dadurch verkürzen. Dies wird auch in einigen Kommunen bereits so praktiziert, etwa in Kulmbach in Bayern.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten immer wieder deutlich gemacht, dass das Asylrecht uneingeschränkt gilt. Diese Offenheit der Bundesrepublik wurde von einigen anderen EU-Ländern als Aufforderung ausgelegt, Flüchtlinge ab- und nach Deutschland weiter zu weisen. Das verdient Kritik. Die Flüchtlingszuwanderung ist eine Herausforderung, die die EU nur gemeinsam meistern kann. Auch deshalb ist ein europaweiter Kompromiss über einen kurz- und mittelfristigen Verteilungsplan so wichtig. Diese Entsolidarisierung von einer humanitären Haltung und der europäischen Wertegemeinschaft dürfen wir erstens nicht zulassen und müssen uns zweitens die Verantwortlichen in den Mitgliedsstaaten merken.
Bedürftige Menschengruppen in der Flüchtlingsdebatte gegeneinander auszuspielen, ist ein absolutes Tabu. Die SPD-Bundestagsfraktion hat diese Position immer wieder deutlich gemacht. Rechte Parteien, die diese Argumentationsstruktur aufgreifen, möchten die Gräben in unserer Gesellschaft tiefer schürfen. Dem ist entschieden entgegenzutreten.
Im Übrigen gilt die Speicherpflicht für alle bei den Telekommunikationsunternehmen anfallenden Verkehrsdaten. Da dies auch die sich hier aufhaltenden Flüchtlinge betrifft, sind die Ermittlungsbehörden durch die Speicherpflicht auch an dieser Stelle adäquat ausgerüstet.
Mit freundlichen Grüßen
Mahmut Özdemir, MdB