Frage an Mahmut Özdemir von Peter L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Özdemir,
ich wende mich trotz meines Wohnortes an Sie, weil ich gebürtiger Duisburger bin und mir auch die durch Sie vertretene Partei erheblich näher steht als man bei meinem Wohnort glauben könnte.
Nun meine Frage. Sie sind Rechtsreferendar, wie ich Ihrem Profil entnehmen kann. Finden Sie es wirklich angebracht, als Rechtsreferendar ein Gehalt zu beziehen, dass dem eines Richters an einem Bundesgericht entspricht? Halten Sie wirklich Ihre Qualifikation für identisch? Und wie stehen Sie dazu, dass ein Mindestlohn - gerade in Duisburg sicherlich ein Thema - erst mit erheblicher Verzögerung durchgesetzt werden kann, während es beim Thema Diätenerhöhung offenbar wird, dass Entscheidungen erheblich schneller getroffen und umgesetzt werden können. Verstehen Sie, dass sich bei dieser fast 10 %igen Steigerung der Bezüge der Bundestagsabgeordneten Unmut in der Bevölkerung breit macht? Finden Sie wirklich, dass es angesichts von Fraktionszwang, Fraktionsdisziplin und kaum versteckten Anweisungen durch Fraktions- und Parteivorsitzende korrekt ist, wenn gesagt wird, die Höhe der Bezüge sei auch dadurch gerechtfertigt, dass der Abgeordnete eine erhebliche Verantwortung trägt, da er nur sich und seinem Gewissen unterworfen ist? Auch die Nebenverdienstmöglichkeiten sind m.E. viel zu hoch, da es einfach unmöglich ist, bei dem oft erwähnten 12-Stunden-Tag in der 7-Tage-Woche eines Abgeordneten noch Tätigkeiten auszuüben, die ein Mehrfaches dessen einbringen, was ein normaler Arbeiter (wieder das Beispiel Duisburg) in einer 40-Stunden-Woche verdienen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Lassen
Sehr geehrter Herr Lassen,
ich danke für Ihre Stellungnahme in Bezug auf Erhöhung der Abgeordnetendiäten.
Ich kann Ihren Unmut gut nachvollziehen. Als Abgeordnete waren wir bislang in der ungewöhnlichen Situation, selbst über die Höhe der Diäten entscheiden zu können.
Jedoch beinhaltet der neue Gesetzesentwurf nicht nur eine Erhöhung der Diäten, sondern sieht gleichzeitig eine spürbare Kürzung der Kostenpauschale vor, wenn Abgeordnete - entschuldigt oder unentschuldigt - an einem Sitzungstag im Plenum fehlen. Hinzu kommt eine deutliche Absenkung der Altersversorgung.
Außerdem ist vorgesehen, dass künftige Erhöhungen an die allgemeine Einkommensentwicklung gekoppelt werden. Das heißt, die Diäten werden von nun an die Reallohn-Steigerung (oder Verluste) der allgemeinen Bevölkerung angepasst, so dass in Zukunft mit keiner sprunghaften Erhöhung mehr zu rechnen ist und gleichzeitig mehr Transparenz hergestellt wird.
Hintergrund der aktuellen Steigerung der Diäten ist, dass bei Einführung der Bundestagsdiäten diese der Höhe nach den Einkünften eines Richters an einem obersten Bundesgericht entsprachen. Mit der Zeit stiegen die richterlichen Bezüge, ohne das eine entsprechende Anpassung der Bundestagsabgeordnetendiäten erfolgte.
Um diesen Unterschied auszugleichen, kam es nun zu einer einmaligen Erhöhung der Diäten um ca. zehn Prozent. Eine unabhängige Kommission, welche im Jahr 2011 vom Bundestag eingesetzt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass die Bezüge eines Richters an einem obersten Gerichtshof des Bundes die angemessene Ausgangsgröße für die Abgeordnetenentschädigung sind. Hierzu heißt es im Bericht: "Die Stellung, Tätigkeit und Verantwortung des Bundesrichters ist mit der der Abgeordneten am ehesten vergleichbar. Abgeordnete wie die Bundesrichter nehmen ihre Tätigkeit in verfassungsrechtlich garantierter Weisungsfreiheit und mit Wirkung für das gesamte Bundesgebiet wahr."
Schließlich bedauere ich, dass Sie auf meine vergangene Tätigkeit als Rechtsreferendar verweisen, um zu einer Beurteilung der Angemessenheit von Abgeordnetendiäten im Allgemeinen zu kommen. Eine funktionierende Demokratie zeichnet sich gerade dadurch aus, dass jeder und jedem, unabhängig von seinem familiären, sozialen, beruflichen, oder auch akademischen Bildungsgrad die Teilnahme an ihr ermöglicht wird. Das bedeutet gleichzeitig, dass diese Gesichtspunkte auch bei der Bemessung der Höhe der Abgeordnetenbezüge keine Rolle spielen dürfen.
Ich möchte Ihnen versichern, dass ich mein Mandat als Bundestagsabgeordneter aus Verantwortung und festen Glauben an die Sozialdemokratie mit allen Kräften wahrnehmen möchte, ohne dass die Höhe der Abgeordnetendiäten dabei für mich ausschlaggebend ist. Darüber hinaus liegt meine Priorität und höchstes Engagement darin, sozialdemokratische Werte in das Parlament einzubringen. Dazu gehört gerade auch der Einsatz für gute Arbeit zu fairen Löhnen.
Ich hoffe, Ihnen die Umstände der Diätenerhöhung näher gebracht zu haben und auf Ihr Vertrauen setzen zu dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Mahmut Özdemir