Frage an Ludwig Maier von Franz G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Was muss bei der europäischen Agrarpolitik geändert werden, damit Verbraucher und Klima geschützt werden und die Landwirte faire Preise für ihre Produkte/Arbeit erhalten?
Sehr geehrter Herr Göresz,
ihre Frage ist nicht auf die Schnelle zu beantworten und um so mehr freut es mich, dass Sie mir diese Frage stellen.Es gehört auch die Energiepolitik dazu, um ein umfassendes Bild zu erhalten, was nötig ist, um Verbraucher und Klima zu schützen.
"Belastete Nahrungsmittel, Tierseuchen, Pollenflug genmanipulierter Pflanzen– all das endet nicht an nationalen Grenzen. Daher ist Verbraucherschutz auch eine europäische Aufgabe."
So steht ein Satz bei uns im Europawahlkurzprogramm, das heißt und das ist meine Überzeugung, wir müssen den Verbraucherschutz europäisch lösen und auch der Klimaschutz kennt keine Grenzen. Wenn von Europa aus eine starke Verbraucherschutz- und Klimaschutzpolitik betrieben würde, hätte dies Auswirkungen auf die ganze Welt. Leider ist es aber so, dass die bisher im Europaparlament vertretenen Parteien diesem Ziel zu wenig Aufmerksamkeit beimessen. Deswegen meine Bitte an alle Verbraucher, schaut Euch die Programme der Parteien genau an, positive Veränderungen können nur aus der Zivilbevölkerung heraus erreicht werden.
In ihrer Frage sehe ich auch eine gehörige Portion Sorge, die ist auch berechtigt!
Ich werde jetzt etwas provokant und behaupte, es ist an der Zeit, dass der Kapitalismus sein Betriebssystem aktualisiert!
Wir brauchen eine Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft,eine Aufwertung der Natur, wir müssen den Gemeingütern im Europaparlament Sitz und Stimme geben.
Die GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) hat ein Fördersystem:
Die Agrarausgaben werden aus zwei Fonds finanziert, die Teil des Gesamthaushaltsplans der EU sind:
* aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) werden die Direktzahlungen an Landwirte und Maßnahmen zur Regulierung der Agrarmärkte finanziert, wie Interventionsmaßnahmen und Ausfuhrerstattungen,
* die Programme der Mitgliedstaaten zur Entwicklung des ländlichen Raums hingegen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
Was auf alle Fälle abgeschafft werden muss, sind die Exporterstattungen (Ausfuhrerstattungen), denn damit werden die armen Regionen der Welt massiv benachteiligt und der Transport aufgebläht.Wir brauchen ein Fördersystem, das die regionale Landwirtschaft und deren Vermarktungsstrukturen begünstigt und gleichzeitig den Transport reduziert!
Es wird immer drängender, dass wir den Lebenszyklus von Waren berücksichtigen müssen, nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach deren ökologischen und sozialen Wirkungen entlang der gesamten Produktkette.
In unserem Programm bekommen bäuerlich wirtschaftende Betriebe bis 50 Hektar die höchste Förderung pro Hektar.Die Förderhöhe ist nach sozialen und ökologischen Wertkriterien zu bemessen, höhere Prämien für Ökolandbau. Bei zunehmender Hektarzahl gibt es eine abnehmende Hektarprämie und der Betrieb benötigt einen höheren Arbeitskräftebedarf um die volle Förderung zu erhalten.
Förderung tierhaltender Betriebe bis max. 2 Großvieheinheiten pro Hektar bei ausgewogener Düngung und Fütterung überwiegend auf eigenbewirtschafteten Flächen, das heißt, keine Förderung des Sojaanbaues in Übersee.
Weiterhin muss die Nachfrage nach verbraucher-und klimaschädlichen Produkten gesenkt werden, anstatt deren Angebot ständig auszubauen.
Wir brauchen eine europäische Steuerreform die Arbeit entlastet und Resourcen belastet, dann hätten wir eine lenkende Funktion zu mehr Verbraucher-und Klimaschutz.
Wir müssen im Europaparlament und in der Europäischen Kommission die Nachhaltigkeit einfordern und dazu müssen wir auch den Mut haben Spekulationsgrenzen zu errichten, statt einer ständigen Werteaufblähung in der Finanzwirtschaft!
Wir brauchen politische Leitplanken für den Wettbewerb der Gesamtwirtschaft, wo Arbeit auch fair verteilt wird.
Das Verbraucher schädigenste was momentan auf Europäischer Ebene diskutiert wird ist das geplante Freihandelsabkommen(TTIP) zwischen der USA und der EU. Hier werden die Demokratie und sämtliche Verbraucherschutzstandards ausser Kraft gesetzt, was wir bisher gewohnt sind, wenn dies so kommt. Wir müssen alle und damit meine ich Politik und Zivilgesellschaft alles daran setzen, dies zu verhindern!
Denn hier wird immer gesagt: Abbau von Zöllen und mehr Arbeitsplätze!
Zölle gibt es jetzt schon fast keine mehr und wir müssen mit einem Arbeitsplätzeverlust rechnen.
Aber was steht dann hauptsächlich dahinter: Der Investorenschutz der Konzerne!
Diese bekommen damit die Möglichkeit, sich die Trinkwasserversorgung,das Gesundheitswesen, das Bildungswesen und vieles mehr anzeigenen und sollte ein Staat Gesetze erlassen, die dies verhindern sollen, dann haben die Konzerne das Recht Staaten vor unabhängigen Gerichten auf Schadensersatz plus entgangener Gewinne zu verklagen!
Bestes Beispiel: Ein Konzern aus den USA haben den kanadischen Staat verklagt, weil dieser ein Gesetz zum Verbot von Fracking erlassen hat.
Die Politik muss sich wieder auf ihre ureigenste Aufgabe besinnen, für das Gemeinwohl Sorge zu tragen!
Wer sich für mehr Ökologie, Subsidiarität und Demokratie einsetzt, der wird Wirtschaftsbeziehungen vor Ort fördern und gleichzeitig gute Beziehungen unter den Staaten pflegen.
Europa bietet soviel mehr und wenn sich die Staaten als ökologische faire Einkäufer stark machen, dann haben wir einen großen Schritt Richtung Verbraucher-und Klimaschutz getan.
Ich hoffe Ihnen ihre Frage einigermaßen beantwortet zu haben.
Lg
Ludwig Maier