Porträt von Ludwig Hartmann.
Ludwig Hartmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Oliver S. •

Frage an Ludwig Hartmann von Oliver S.

Sehr geehrter Herr Hartmann,

ich habe gesehen, daß Sie an der von Ihrer Partei initiierten Abstimmung zu dem Dringlichkeitsantrag TTIP nicht beteiligt haben. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich von Ihnen als Vertreter dieser Partei erwarte, daß Sie sich bei diesen Abstimmungen auch beteiligen.
Sie haben an der Abstimmung nicht teilgenommen, was ich persönlich gesehen, überhaupt nicht verstehen kann (ausser Sie sind krank oder anderweitig massiv verhindert)

Können Sie mir bitte erklären wie zu dieser Art Abstimmungen (Antrags-Einbringung durch die eigene Partei und dann Abstimmungen hierzu) der Abstimmmodus in Ihrer Partei explizit geregelt ist. Gibt es hierzu überhaupt eine "Regel", oder wird hier nur eine lose moralische Verpflichtung geltend gemacht?

Meinen ausführlichen Kommentar zum leider verlorenen Dingrlichkeitsantrag TTIP 2014 Ihrer Partei können Sie auf Abgeordnetenwatch.de und unter der betreffenden Abstimmungsinfoseite finden. Kurz: Sie sollten IMMER als initiierende Partei auch geschlossen abstimmen. Eine Terminsetzung zu Abstimmung sollte immer soweit im Voraus möglich sein.

Porträt von Ludwig Hartmann.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schubert,

Vielen Dank für Ihre Anfrage.

Auch wenn die von Ihnen beanstandete Abstimmung schon fast ein Jahr zurückliegt, kann ich Ihnen mitteilen, dass ich an diesem Tag deshalb nicht an der Sitzung des Bayerischen Landtags teilnehmen konnte, da zeitgleich die konstituierende Sitzung des Landsberger Stadtrats, dem ich seit 2002 angehöre, stattgefunden hat. In dieser Sitzung, deren Terminierung nicht von mir beeinflusst werden konnte, wurden die Weichen für die sechsjährige Wahlperiode gestellt. Mein Fehlen auf dieser Stadtratssitzung hätte bei sehr knappen Mehrheitsentscheidungen negative Einflüsse auf die folgenden sechs Jahre gehabt. Ferner habe ich durch meine ehrenamtliche, kommunalpolitische Tätigkeit viele Initiativen aus der Bürgerschaft und dem Stadtrat in meine Landtagstätigkeit aufgenommen, die nicht nur auf das örtlich fixierte Stadtgebiet Landsbergs begrenzt waren.

In der nötigen Abwägung habe ich mich also schweren Herzens für die Teilnahme an der konstituierenden Stadtratssitzung entschieden. Wie Sie meiner Abstimmungsübersicht auf diesen Seiten entnehmen können, bleibe ich nur äußerst selten und in begründeten Ausnahmefällen, wie bei schwererer Krankheit oder in der oben geschilderten einmaligen Konstellation, den Plenarsitzungen fern.
Sie können sich jedoch sicher sein, dass ich unseren Antrag sehr gerne durch meine Stimme unterstützt hätte. Ich habe in letzter Zeit einige kritische Veranstaltungen zu TTIP und co. durchgeführt und durfte auch auf der großen Demo am Wochenende in München als einer der Hauptredner auftreten. Außerdem haben sich in der Zwischenzeit einige weitere Initiativen unserer Fraktion mit dem Thema beschäftigt, die ich allesamt mit vollster Überzeugung unterstützt habe.

Es ist Ihr gutes Recht mich für meine oben genannte Entscheidung zu kritisieren. Ich würde sie aber aus den genannten Gründen auch heute noch genauso treffen.
Zu dem zweiten von Ihnen benannten Aspekt eines wie auch immer gearteten „Fraktionszwangs“:

Dieser ist aus guten Gründen weder in der Bayerischen Verfassung, noch im bayerischen Abgeordnetengesetz vorgesehen. Auch das bayerische Wahlsystem, welches im Gegensatz zur Zweistimme bei der Bundestagswahl nicht in starren Listen begründet ist, verschafft der*m einzelnen Abgeordneten mehr Legitimation, auch gegenüber ihrer*seiner eigenen Fraktion. Die Wähler*innen haben bei den vergangenen Landtagswahlen in Bayern regen Gebrauch von ihrem Wahlrecht gemacht, nicht den Vorschlag der jeweiligen Partei als solchen zu unterstützen, sondern stattdessen gezielt eine*n bestimmte*n Kandidat*in auf dem jeweiligen Wahlkreisvorschlag zu wählen. Kombiniert mit den hinzuaddierten Erststimmen entsteht dadurch natürlich auch eine starke persönliche Legitimation, aber auch Verantwortung. Mir ist es auch als Fraktionsvorsitzender wichtig, dass Fraktionskolleg*innen, die in einzelnen Punkten nicht die Mehrheitsmeinung in der Fraktion unterstützen können, dies vor der Plenarsitzung im Kreise der Fraktion anzeigen und ihre Position begründen. Solche Situationen sind aber absolute Ausnahmefälle, für die ich als Fraktionsvorsitzender auch Verständnis habe, da die betreffenden Kolleg*innen in allen bisherigen Fällen ihre individuelle Entscheidung fundiert anhand einer Gewissensentscheidung begründen konnten. Dies ist natürlich auch für die Öffentlichkeit essentiell, da die jeweiligen Kolleg*innen ihre abweichende Meinung auch gegenüber den Wähler*innen begründen müssen. Auch in allen anderen Fraktionen im Bayerischen Landtag, gibt es keinen wie auch immer geregelten Fraktionszwang, was Sie auch aus den Abstimmungsverhalten der Fraktionen herauslesen können. In dem von Ihnen geschilderten Fall haben die anwesenden Mitglieder meiner Fraktion allerdings geschlossen für unseren Antrag abgestimmt.
Bei ihrer Rechnung im von Ihnen erwähnten Beitrag erwähnen Sie leider nicht, dass auch 15 Abgeordnete der CSU-Fraktion nicht an der Abstimmung teilgenommen haben und damit nahezu genauso viele wie aus der gesamten Opposition. Die Chance auf eine wie auch immer geartete Mehrheitsentscheidung im Sinne unseres Antrags bestand also nach menschlichem Ermessen wie so oft leider nicht, da die CSU Kraft des ihr von den Wähler*innen entgegengebrachten Vertrauens aus einer deutlichen Mehrheitsposition heraus agieren kann.

Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass auch „Berufspolitiker“ in den seltensten Fällen über die eigenen terminlichen Mandatsverpflichtungen entscheiden können. Dies hat in den wenigsten Fällen mit der vor von Ihnen gemutmaßten mangelnden „Abstimmungsmoral“ zu tun.

Auch geben wir keinen Antrag verloren, sonst könnten wir uns die Arbeit ja auch gleich sparen. Oder um nochmals auf meinen konkreten Fall hinzuweisen: Ich habe mich aufgrund der Wichtigkeit der konstituierenden Stadtratssitzung für eine Teilnahme an eben dieser Sitzung entschieden. Dies war keineswegs der Behandlung von angeblich schon im Vornherein entschiedenen Anträgen im Landtag geschuldet.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Ludwig Hartmann

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