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Lothar Hänsch
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Frage von Michel F. •

Frage an Lothar Hänsch von Michel F. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Hänsch,

auf der Internetseite "Kandidaten-Check" von SPON, sprechen Sie sich für Studiengebühren aus. Ihre Begründung ist nicht neu, aber dafür ziemlich plakativ: "Die Frage ist nur immer: Wer finanziert es? Die Supermarktverkäuferin und die Krankenschwester mit ihrem Steuergeld? Dann doch besser die angehenden Akademiker...".

Mit dieser Argumentation suggerieren Sie einerseits, es gäbe nur ein "entweder - oder"; bei einer steuerfinanzierten Hochschulbildung zahlen eben AUCH die Supermarktverkäuferin und die Krankenschwester - in einem höheren Maße (durch höhere Steuerabgaben) jedoch EBENFALLS die Akademiker mit ihrem (oft) höheren Einkommen.

Andererseits wird durch das plakative Beispiel unterschlagen, dass (zumindest viele) akademische Ausbildungen in einem höheren Maße der Allgemeinheit zugute kommen, als beispielsweise die Tätigkeit an der Supermarktkasse. So ist die Ausbildung zum Arzt zum einen sehr viel anspruchsvoller, zeitintensiver und für den einzelnen Studierenden auch kostenintensiver, als die von Ihnen genannten Ausbildungsberufe, die ja ebenfalls nicht von den Auszubildenden selber finanziert werden. Dass die gesamte Gesellschaft von diesem Studium in einem hohen Maße profitieren kann, steht weiterhin außer Frage. Durch ein Hochschulstudium im Maschinenbau werden sicher statistisch mehr Arbeitsplätze geschaffen, als durch die Ausbildung zur Krankenschwester. Durch die von Ihnen genannten höheren Einkommen von Akademikern entstehen später auch höhere steuerliche Einnahmen.

Eine Gegenfrage: Wird die genannte Supermarktkassiererin Ihre Tochter eher zu einem Medizinstudium motivieren, wenn es gebührenfrei wäre oder würde sie ihr zu einer vergüteten Ausbildung raten?

Gibt es für Sie auch andere - vielleicht bessere - Argumente für Studiengebühren? Welches Modell von Studiengebühren (nachgelagert / direkt) und welche Höhe halten Sie für angemessen und der Lebenswirklichkeit von Studierenden angepasst?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Friedrichs,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Hierzu möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

1.) Es gibt zahlreiche gute Gründe für Studiengebühren, u. a. eine Kopplung zwischen Angebot und Nachfrage. Bei Gebühren werden die Studiengänge nachgefragt, die (zahlende) Studierende wollen -- nicht die, die von Politikern geplant werden.

2.) Ein weiterer Vorteil ist das Entstehen eines Kundenverhältnisses zwischen Hochschule und Student. Die Hochschulen kümmern sich nur dann aktiv um gute Studienbedingungen, wenn sie durch (zahlende) Studierende auch einen Vorteil davon haben. Das zeigen Vergleiche zwischen Hochschulen mit und ohne Gebühren schon jetzt

3.) Ich trete dafür ein, dass kein Studium an der mangelnden Finanzierbarkeit der Gebühren scheitert. Nachgelagerte Gebühren, Darlehens- und Stipendienmodelle sind hier sinnvoll und so weit wie möglich auszubauen.

4.) Dass es gesellschaftlich positive Effekte durch die Ausbildung von Akademikern gibt, bestreite ich nicht: Schließlich wird auch NACH der Einführung von Gebühren ein Großteil des Hochschulbetriebs durch Steuern finanziert. Somit findet eine sinnvolle Mischfinanzierung durch alle statt, die profitieren -- durch die Gesellschaft ebenso wie durch den angehenden Akademiker.

5.) Ob in Ihrem fiktiven Fall die Tochter der Supermarktkassiererin mit oder ohne Gebühren eher zum Studium motiviert ist, hängt nicht zuletzt von ihrer Persönlichkeit ab. Ich darf jedoch darauf hinweisen, dass die Kopplung zwischen sozialer Herkunft und Bildungskarriere ausgerechnet in Deutschland sehr eng ist -- und das vor der Einführung von Gebühren.

Viele Grüße,

Lothar Hänsch