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Frage von Stefan A. •

Frage an Linus Förster von Stefan A. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Förster,

die A8 und andere Straßen werden teilweise durch private Geldgeber mit finanziert. Da abgesehen von der allgemeinen LKW-Maut keine Gebühren zur Benutzung erhoben werden, werden hier durch kurzfristige Einsparungen beim Ausbau Kosten in die Zukunft verschoben.
Wie stehen Sie zu solchen staatlichen Investitionsprojekten, deren Belastungen auf die Schultern unserer Kinder verschoben werden, um die Zwänge aus dem ohnehin angespannten öffentlichen Haushalten teilweise zu umgehen?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Amra

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Sehr geehrter Herr Amra,

das Thema Privatisierung, das Sie ansprechen, ist sicherlich eines der komplexesten Themen überhaupt. Im Kern geht es um die Frage, inwiefern sich der Staat aus bestimmten Aufgabengebieten zurückziehen kann oder soll, weil private Träger eine spezielle Aufgabe besser erfüllen können als der Staat.

Der Hintergrund dieser Überlegungen stammt aus der Ökonomie: Wo funktionierender Wettbewerb existiert und sich private Anbieter und Nachfrager gegenüberstehen, sind die Ergebnisse besser als bei einer staatlichen Produktion. Ergebnisse bedeutet hier: Die Preise für den Verbraucher bzw. Steuerzahler sind niedriger, die Qualität der Produkte ist besser und die Herstellung ist billiger.

Soweit die Theorie. Leider müssen wir in vielen Bereichen feststellen, dass die durchgeführten Privatisierungen nicht die gewünschten Erfolge zeitigen: Im Bereich der Stromversorgung findet kein echter Wettbewerb statt: Die Preise sind höher, der Einfluss der Politik geringer. Der Leidtragende ist der Verbraucher.

Bei der Post und der Bahn erleben wir, dass das Angebot nicht mehr flächendeckend vorhanden ist, Filialen und Bahnhöfe geschlossen werden und die Mitarbeiter gleichzeitig Verschlechterungen bei der Bezahlung hinnehmen müssen. Darüber hinaus ist fraglich, inwiefern eine völlig privatisierte Bahn künftig noch in die Schieneninfrastruktur investieren wird.

Bei der Privatisierung der Telekommunikation hingegen sind seit der Privatisierung die Preise gefallen und nach meiner individuellen Beobachtung ist auch der Service besser geworden.

Nun aber konkret zu Ihrer Frage: Die Privatisierung von Verkehrsinfrastruktur halte ich generell für kritisch: Der Blick ins europäische Ausland zeigt, dass große Gefahren mit einer Privatisierung verbunden sein können: Die Bahn in England hat mittlerweile ein riesiges Problem mit der Verkehrssicherheit, weil - wie schon kurz angeführt - Investitionen ausblieben. Ein ähnliches Problem ist auch für die Straßen anzunehmen... Warum sollte ein privater Betreiber, der über einen bestimmten Zeitraum hinweg das Recht bekommt die Autobahn zu "vermarkten", in dieselbe investieren. Insbesondere zum Ende der Vertragslaufzeit hin sehe ich hier Gefahren. Private Unternehmen müssen nun einmal gewinnorientiert handeln und sie werden das auch unter Garantie tun. Die Politik - und auch ich - stecken nun, was den A8-Ausbau angeht, in einem echten Dilemma: Entweder es kommt die Privatisierung und der dringend erforderliche sechsspurige Ausbau, oder die Autobahn bleibt in staatlicher Hand und der Ausbau ist in den nächsten Jahren nicht zu finanzieren. Unter diesem Lichte erscheint das private Betreibermodell dann wieder aus einem anderen Licht.

Was die von Ihnen angesprochene Verlagerung der Finanzierung auf unsere Kinder und Enkel angeht, so erkenne ich das Problem durchaus an. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass eine Kostenbeteiligung der künftigen Generationen durchaus Sinn machen kann. Nämlich dann, wenn die künftigen Generationen die Investition ebenfalls nutzen werden.

Langfristig allerdings müssen wir Politiker - auf der Landes- ebenso wie auf der Bundesebene - wieder dafür sorgen, dass der Staat, also wir alle, wieder mit ausreichenden Geldmitteln ausgestattet sind. Deshalb ist es wichtig, dass wir über eine Reform der Erbschaftsteuer sprechen, dass wir uns überlegen, wie wir es hinbekommen, dass die großen Konzerne wieder mehr oder überhaupt Steuern bezahlen, dass wir uns über die Einführung einer verfassungskonformen Vermögensteuer Gedanken machen und vieles mehr.

Ich danke Ihnen für Ihre Frage!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Linus Förster