Frage an Linus Förster von Florian F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Förster,
die Konsolidierung des Staatshaushaltes war das erklärte Ziel der bayerischen Staatsregierung in den vergangenen fünf Jahren. Diesem Ziel wurden viele andere Ziele untergeordnet, auch wenn es vielen gesellschaftlichen Gruppen wirklich weh getan hat.
Wie stehen Sie zu den Kürzungen der Staatsregierung und wie haben Sie im Landtag abgestimmt, wenn es um Themen wie Blindengeld, Trachtenvereine und Zuschüsse für Vereine und Kommunen im Freistaat ging?
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Freund.
Sehr geehrter Herr Freund,
wir haben in der SPD-Fraktion geschlossen gegen die Haushaltsvorlagen der Staatsregierung gestimmt. Insbesondere an den Nachtragshaushalt 2004 möchte ich aber erinnern: wir haben in der Debatte vor der Beschlussfassung die Redezeitbeschränkung aufgehoben, um wirklich zu nahezu allen Kürzungspunkten - denn dieser Nachtragsbeschluss war eine wahre Rotstiftwut an den schon einmal beschlossenen Haushaltsansätzen - deutlich zu machen, warum diese für uns nicht tragbar sind. Kürzungen, die umso unverständlicher waren, als die Einnahmeansätze durch Steuern gegenüber des Grundhaushaltes ja sogar gestiegen waren.
Sie fragen nach einigen gezielten Kürzungen wie dem Blindengeld. Ich habe mich mit den Leistungen des Blindengeldes ehrlicherweise erst aufgrund dieser drohenden und dann eingetretenen Streichung befasst und war entsetzt, da wir als Sehende uns nicht vorstellen können, mit welchen teilweise gar nicht so aufwendigen Mitteln den sehbehinderten Menschen eine - wenn auch noch immer eingeschränkte - Teilhabe am Gesellschaftsleben ermöglicht wird. Und diese "Kleinigkeiten" wie natürlich auch kostenaufwendigere Hilfsmaßnahmen sind nun weggefallen. Aber ich vermute, Sie meinen die sozialen Kürzungen im Allgemeinen und hier verweise ich nur kurz auf die Beantwortung der Frage von Frau Steinecker.
Direkte Zuschüsse an Vereine - ausgenommen sie sind wirklich landesweit tätig - fallen nicht in die Zuständigkeit des Landtags. Und das ist auch richtig so. Für landesweite Verbände muss aber ein Platz im Landeshaushalt sein. Die SPD steht ja nun fälschlicherweise nicht im Verdacht, den Traditionsverbänden wie Trachtenvereine oder Musikvereinen (und ich ergänze gerne noch Laientheater, historische Vereine etc.) nahezustehen. Aber eine der Stärken Bayerns ist sein Traditionsbewusstsein. Hieraus schöpft Bayern in allen Regionen ein reichhaltiges Kulturangebot. Aus der hieraus entstehenden Identifizierung der hier lebenden Menschen mit ihrer Heimat sehe ich übrigens auch ein großes Integrationspotential. Das wird nur leider bislang nicht genutzt. Daran müssen wir arbeiten und deshalb ist eine Förderung durch den Freistaat nicht nur angebracht, sondern sogar notwendig.
Ärgerlich ist für mich nur, wenn die im Parlament schon einmal beschlossenen Ansätze entweder durch das Parlament selbst im Nachtrag ohne Not wieder reduziert werden oder gar über Haushaltssperren durch die Regierung de facto gekürzt werden. Anschließend gibt es dann den großzügigen Nachschlag durch die Regierung. Das ist keine seriöse Haushaltsbewirtschaftung. Hier wird die Finanzpolitik der Regierung zu Parteizwecken missbraucht.
Die Finanzausstattung der Kommunen muss uns als Landespolitiker schon Kraft der Verfassung ein Anliegen sein. Die Länder sind die Interessenswahrer der Kommunen gegenüber dem Bund. Bayern nimmt diese Aufgabe nur ungenügend wahr. Es ist richtig, dass für die Investitionsförderung hohe Zuschußsätze bezahlt werden können. Doch die Finanzausstattung der Kommunen lässt leider oftmals nicht mehr den für Zuschüsse notwendigen Eigenanteil zu. An dieser finanziellen Grundausstattung wird jedoch nicht gearbeitet. Im Gegenteil.
Beispiele:
a) durch die Hartz IV-Gesetzgebung wurde der Freistaat in Millionenhöhe von Sozialleistungen befreit, die zuvor an die Kommunen geleistet wurden. Gelder, die für eine ungebundene Mittelzuweisung an die Kommunen frei geworden wären. Diese Gelder wurden jedoch dem allgemeinen Haushalt des Freistaats einverleibt.
b) die Einführung des G8 und der damit verbundenen Mittagsbetreuung ist eindeutig eine neue Aufgabe. Gemäß des verfassungsverankerten Konnexitätsprinzips haben die Kommunen einen Anspruch auf Kostenerstattung. Nicht nur die 90 % die im besten Fall aus Bundesmitteln (Programm IZBB) zur Verfügung standen, sondern zu 100 %. Hierauf warten die Kommunen noch immer
Die Beispielsliste liese sich noch fortführen.
Eine an der bayerischen Regierung beteiligte SPD wird die Kürzungen der letzten 5 Jahre im Sozialbereich wieder zurücknehmen und im Bildungsetat für eine Finanzausstattung sorgen, mit der die dort anfallenden Aufgaben auch tatsächlich geleistet werden können.
Bayern, aber gerechter.
Dr. Linus Förster