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Linda Heitmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Norbert R. •

Obwohl die Gewalt gegen Frauen stetig steigt, haben Sie es in 3 Jahren Ampelregierung nicht geschafft, das Gewalthilfegesetz zu priorisieren. Warum nicht?

Sehr verehrte Frau Heitmann:

Die Gewalt gegen Frauen nimmt ständig zu. Jeden Tag werden rund 400 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt (tagesschau.de/inland/gesellschaft/gewalt-gegen-frauen-116.html).

Im Koalitionsvertrag wurde u. a. vereinbart, daß für jede Frau das Recht auf Schutz vor Gewalt abgesichert und daß ein bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sichergestellt werden soll.

Trotzdem haben Sie es nicht geschafft, das Thema in den 3 Jahren der Ampelregierung zu priorisieren und umzusetzen.

An der Finanzierung des Vorhabens lag es sicherlich nicht! Schließlich war der Bundeshaushalt von 2022 (495,8 Mrd. EUR) um 59% höher als noch in 2012 (311,6 Mrd. EUR) (bundeshaushalt.de/DE/Bundeshaushalt-digital/bundeshaushalt-digital.html).

Wie geht es jetzt hier weiter? Welche inhaltlichen Diskrepanzen haben Sie mit der Union und was ist Ihre rote Linie?

MfG N. R. +++

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R., 

 vielen Dank für Ihre Mail zu diesem wichtigen frauenpolitischen Thema. 

Wir als Grüne haben das Gewalthilfegesetz klar priorisiert, haben leider in den letzten drei Jahren jedoch nicht allein regiert 😉 ! Dass es so lange gedauert hat, bis wir einen Gesetzentwurf einbringen konnten, hat vor allem an einem wesentlichen Punkt lange gehangen: an der Finanzierung aus dem Bundeshaushalt! Das bis November noch FDP-geführte Finanzministerium hat sich bis zum Ende der Ampel-Koalition noch vehement dagegen gesträubt, Gelder aus dem Bundeshaushalt für die Schaffung und Stärkung der Infrastruktur von Frauenhäusern freizugeben. Folglich hat unsere Familienministerien Lisa Paus den Gesetzentwurf erst im Kabinett beschließen können, als die FDP diesem nicht mehr angehörte. 

Gewaltschutz, insbesondere der Ausbaubedarf und die finanzielle Stärkung von Frauenschutzhäusern und Beratungsstellen, sind für uns seit vielen Jahren ein zentrales frauenpolitisches Anliegen. Daher haben wir auch dafür gekämpft, dass das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder sowie ein bundeseinheitlicher Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurden. Denn dafür stehen wir Grünen im Bundestag und und als Partei seit Jahrzehnten. Der nun eingebrachte Gesetzentwurf schafft einen individuellen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt für Betroffene und ihre Kinder und verankert erstmalig eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Regelfinanzierung. 

Wir werden uns bei unserem Koalitionspartner und auch den Oppositionsfraktionen auch in den letzten verbleibenden Sitzungswochen dieser Legislatur weiterhin für ein starkes Gewalthilfegesetz und nachhaltige Verbesserungen für die Situation von Gewaltbetroffenen sowie die entsprechende Finanzierung einsetzen. Da die Sicherstellung des Gewaltschutzes derzeit bei den Ländern liegt, handelt es sich beim Gewalthilfegesetz um ein zustimmungspflichtiges Gesetz. Es wird am Ende auch die Zustimmung der Länder brauchen, damit es das Gesetz durch den Bundesrat schafft. Deshalb befindet sich Ministerin Paus von Anfang an im regelmäßigen Austausch mit den Ländern zu dem Entwurf, z.B. im Format des regelmäßig stattfindenden Runden Tisch "Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen". Dort hat das BMFSFJ bereits früh begonnen, Länder und Kommunen mit einzubeziehen, ebenso wurde die Verbändeseite regelmäßig gehört. 

Wir haben großen Respekt vor der wichtigen Arbeit, die täglich in den Frauenberatungsstellen und Frauenhäusern zum Schutz von Gewaltbetroffenen und ihren Kindern geleistet wird und möchten uns auf diesem Weg ausdrücklich dafür bedanken. Auch danken wir für diese zivilgesellschaftliche Initiative, die Druck auf die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes aufbaut. Es ist enorm wichtig, dass sich Träger und Verbände weiterhin für dieses Vorhaben einsetzen und ihre Forderungen laut und deutlich formulieren, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Wir kämpfen an ihrer Seite für die Umsetzung dieses wichtigen Projektes – idealerweise noch in dieser Legislaturperiode. Daher appelliere ich nachdrücklich an die Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen, dieses wichtige Gesetz mit uns gemeinsam zu beschließen, damit betroffene Frauen endlich effektiv geschützt werden können. 

Mit zuversichtlichen Grüßen

Linda Heitmann, MdB 

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