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Frage von Regina, Dr. J. •

Frage an Lauri Lehmann von Regina, Dr. J. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Lehmann,

mich interssieren Ihre Vorstellungen zur Zukunft der universitären Medizin in Berlin, d.h. zur Zukunft der Charité. Welche Vorstellungen haben Sie zur Entwicklung der 4 Standorte und zur Sicherung der notwendigen Investitionen für die Charité?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Dr. Jünger,

mit Ihrer Frage zur Zukunft der Universitätsmedizin sprechen Sie ein für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Berlin sehr wichtiges Thema an. Vielen Dank dafür.

Die Charité gehört zu den herausragenden Wissenschaftsstandorten Deutschlands. Die Höhe der eingeworbenen Drittmittel, die Zahl der wissenschaftlich Beschäftigten sowie der Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro zeigen, wie viel Potenzial in der Charité steckt. Die unbestrittene wissenschaftliche und medizinische Exzellenz gilt es zu sichern.

Doch leider hat der rot-rote Senat auch im Falle der Charité die Chancen Berlins verspielt. Dabei hätte das am Anfang der 15. Legislaturperiode erstellte Gutachten der Expertenkommission Hochschulmedizin eine gute Grundlage für eine zukunftsweisende Umstrukturierung der Charité geboten. Die finanzielle Lage der Charité ist inzwischen bedrohlich. Das Unternehmen verzeichnete im Jahr 2004 laut Vorstand einen operativen Verlust von ca. 13 Mio. Euro, der Landeszuschuss wurde – bezogen auf die Basis des Jahres 2001 – um 98 Mio. reduziert. Zudem gibt es bei der allgemeinen Tarifentwicklung mögliche Kostensteigerungen bei den Gehältern um bis zu 65 Mio. Euro, des Weiteren bis zu 70 Mio. Euro Mindererlöse in der Krankenversorgung durch die Absenkung des Basisfallwertes im DRG-System. Der Charité-Vorstand geht von einem Defizit von insgesamt über 200 Mio. Euro bis zum Jahr 2010 aus. Bei gleich bleibenden Tendenzen droht der Charité im Jahr 2010 die Zahlungsunfähigkeit.

Die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode immer wieder Lösungswege aufgezeigt, wie die Zukunft der Charité gesichert werden kann. Hier sind insbesondere vier Forderungen zu nennen:

- Die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH wird komplett privatisiert und der Verkaufserlös von ca. 500 Mio. Euro ausschließlich zur Eigenkapitaldeckung der Charité verwendet. Dabei muss allerdings gewährleistet sein, dass die Mittel erst dann der Charité zufließen, wenn das vom Charité-Vorstand vorgestellte Unternehmenskonzept erfolgreich implementiert worden ist.

- Alle betriebsnotwendigen und nichtbetriebsnotwendigen Grundstücke werden an die Charité übertragen. Dadurch wird die Eigenkapitalbasis der Charité erhöht. Die Charité hat dann in eigenverantwortlicher Entscheidung die Möglichkeit, nicht benötigte Grundstücke zu verkaufen.

- Reduzierung der Nutzfläche der Charité. Dadurch spart die Charité bis zu 15 Mio. Euro pro Jahr.

- Die Drittmittelquote durch Stiftungen, Kooperationen mit privaten Dienstleistern und Vermarktung von Rechten muss erhöht werden.

Einige Bemerkungen zur Privatisierung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH: Die Sanierung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH durch das Land Berlin ist mittlerweile erfolgreich abgeschlossen, weshalb eine weitere Bezuschussung nicht erforderlich ist. Zudem ist es ordnungspolitisch sinnvoll, dass das Land Berlin statt zwei nur einen staatlichen Gesundheitsbetrieb unterhält und privaten Investoren die Möglichkeit gibt, sich in Berlin anzusiedeln.

Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH zeigen, dass das Unternehmen im Vergleich zu anderen Kliniken mittlerweile eine akzeptable Eigenkapitalverzinsung erzielen kann und damit marktgängig ist. Da sich Berlin aufgrund der schwierigen Haushaltslage auf Dauer keine zwei staatlichen Gesundheitsbetriebe leisten kann, sollte der jetzige Zeitpunkt genutzt werden, die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH zu privatisieren und den Großteil in die Charité zu investieren.

Neben der Eigenkapitalstärkung ist auch die Umsetzung eines Unternehmenskonzepts für den dauerhaften Erfolg der Charité unerlässlich. Nur durch wirtschaftliche Eigenverantwortung, universitäre Autonomie und weitreichende unternehmerische Freiheit kann die Charité ihre Aufgaben zufriedenstellend erfüllen.

Damit komme ich auf Ihre Frage nach den vier Standorten Campus Benjamin Franklin, Campus Charité Mitte, Campus Virchow-Klinikum und Campus Berlin-Buch. Die Umstrukturierung sollte auf Grundlage hochschulautonomer, auf wissenschaftlichen und unternehmerischen Überlegungen basierter Entscheidungen erfolgen. Die Politik sollte sich dabei möglichst heraushalten. Welche verheerenden Folgen der Eingriff in die Hochschulautonomie hat, zeigt sich insbesondere in der vom rot-roten Senat beschlossenen Schließung der Vorklinik am Campus Benjamin Franklin. Die Empörung der Hochschullehrer und Institutsleiter der Charité war angesichts dieser wissenschaftspolitischen Fehlentscheidung angebracht. Denn der Campus Benjamin Franklin darf nicht isoliert betrachtet werden. An der Hochleistungsmedizin im Berliner Südwesten hängt neben dem Bio-Campus der Freien Universität ein weit verzweigtes Netz an bio- und medizintechnischer Forschungseinheiten. Besonders hervorzuheben gilt dabei die fruchtbare Kooperation mit dem Max-Planck-Institut.

Die Vernetzung der Universitätsmedizin ist mir persönlich ein ganz wichtiges Anliegen. Daher erteile ich zusammen mit der FDP auch Tendenzen, die Charité zu einer medizinischen Hochschule umzuwandeln, eine klare Absage. Eine leistungsstarke Universitätsmedizin ist nur dann möglich, wenn diese fest mit den anderen Wissenschaftsdisziplinen verbunden ist.

In der Hoffnung, Ihre Frage detailliert genug beantwortet zu haben, würde es mich sehr freuen, wenn Sie mit Ihrer Stimme für die FDP den Medizinstandort Berlin stärkten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Lauri Lehmann